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Darfs auch etwas weniger sein?

■ Hamburger Lebensmittel-Einzelhandel auf Tarifflucht: Gewerkschaften sehen vor allem Rewe-Konzern als Schuldigen

Der Einzelhandel versucht es mal wieder. Diesmal sind es die Hamburger Lebensmittel-Einzelhändler, die einen Vorstoß zum Unterlaufen der Tarife gestartet haben. Zu Jahresbeginn haben sie geschlossen den Landesverband des Einzelhandels verlassen und wollen künftig nur noch Haustarife akzeptieren. Die Gewerkschaft Handel, Banken und Versicherungen HBV und die Deutsche Angestellten-Gewerkschaft DAG bereiten sich im Gegenzug auf Kampfmaßnahmen vor.

Streitpunkt zwischen den Tarifparteien im Lebensmittelhandel ist seit langer Zeit vor allem die Lohn-Eingruppierung der Beschäftigten. Die Arbeitgeber würden gerne die bessere Bezahlung von Kassiererinnen gegenüber Verkäuferinnen abschaffen. Bisher verdient man an der Kasse knapp 500 Mark mehr als im Verkauf: Während eine gelernte Verkäuferin zwischen 2580 und 3449 Mark verdient, bekommen Kassiererinnen 3017 bis 4050 Mark – alles brutto, versteht sich.

Auch die Möglichkeit für ungelernte Verkäuferinnen, nach fünf Jahren im Gehalt aufzurücken, wollen die Unternehmen nicht mehr mitmachen. Eine Ungelernte würde dann auf ewig auf höchstens 2500 Mark brutto stehen bleiben. Weil die Arbeitgeber diese Bedingungen durchdrücken wollen, haben sie die Tarifflucht angetreten.

Als „Hauptbetreiber“ haben die Gewerkschaften dabei die Unternehmen des Rewe-Konzerns ausgemacht. „Wenn Rewe nicht den Vorreiter spielen würde, hätten die anderen auch nicht nachgezogen“, ist Jörg Reimbrecht, Sprecher der Hamburger HBV, überzeugt. Deshalb konzentrieren sich die Gewerkschaften bei möglichen Arbeitskampfschritten jetzt auch auf Rewe. Zu dem Konzern zählen die Toom-, Penny- und Minimal-Märkte. Rewe macht allein in Deutschland einen Jahresumsatz von 53 Milliarden Mark.

Reinbrecht vermutet, dass Hamburg „eine Art Testlauf“ der Arbeitgeber fürs ganze Bundesgebiet ist. HBV und DAG planen für den 15. Februar Betriebsversammlungen in allen Toom-Filialen. Dann sollen diese Märkte auch für mehrere Stunden geschlossen bleiben. 15.000 Angestellte in Hamburg sind laut HBV von dem drohenden Tarifkonflikt betroffen. „Wir werden nicht zulassen, dass bei den Menschen, die schon jetzt sehr niedrig bezahlt werden, die Gehälter noch weiter abgesenkt werden“, schlagen die Gewerkschaften den Kampfton an. Peter Ahrens

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