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Allein unter Männern

„Fließende Grenzen“: Frauen aus Naturwissenschaft und Technik treffen sich zum 26. FiNuT-Kongress in Hamburg  ■ Von Sandra Wilsdorf

Als Frau nur unter Frauen zu sein, ist wie Urlaub. „Ich wollte das früher nie wahrhaben, aber Frauen kommunizieren anders. Man muss nicht so viel erklären“, sagt Sonja Hesse. Sie ist Verfahrenstechnikerin und eine der Organisatorinnen von „Fließende Grenzen“. Das ist das Motto des 26. Kongresses von Frauen in Naturwissenschaft und Technik (FiNuT). Vom 1. bis zum 4. Juni werden sich etwa 500 bis 700 Studentinnen und Wissenschaftlerinnen, Ingenieurinnen und Technikerinnen in Hamburg treffen, weiterbilden und vermutlich viel darüber reden, wie es sich allein unter Männern arbeitet. Denn das ist immer noch das Schicksal der meisten Naturwissenschaftlerinnen und Technikerinnen.

„Während des Studiums habe ich das nicht als Nachteil empfunden. Das kam erst beim Bewerben“, sagt Bauingenieurin Anne Hauser. Da musste sie sich anhören: „Wenn Du ein Kerl wärest, hättest Du doch schon längst einen Job.“ Sie musste ein Jahr suchen, die meisten ihrer Kollegen zwei Monate. Die beiden jungen Frauen beschreiben Männergespräche, die enden, wenn sie dazu kommen, und das Gefühl, permanent besser sein zu müssen als die Kollegen. Und sie erzählen davon, sich für alles rechtfertigen zu müssen: für den Wunsch nach Karriere ebenso wie für den nach Kindern.

„Frauen müssen Netzwerke schaffen“, sagt Anne Hauser. So sei beispielsweise der Deutsche Ingenieurinnenbund aus einem FiNuT-Kongress hervorgegangen. „Es ist einfach gut, mal ein paar Tage ganz ohne Konkurrenz zu sein“, sagt Sonja Hesse. Denn in ihrem Job spüre sie die ständig: „Ich muss immer die richtige Antwort haben, muss mich immer profilieren. Bei dem Kongress kann man einfach auch mal eine Frage in den Raum werfen, auf die man keine Antwort weiß.“ Beispielsweise die nach der besten Strategie bei Bewerbungsgesprächen: Muss ich bluffen, wie die Männer, oder kann ich ganz ehrlich sagen, was ich kann und was nicht?

Der Hamburger FiNuT trägt das Motto „Fließende Grenzen“: In Diskussionen, Workshops und Vorträgen – beispielsweise zu Strategien der Frauenförderung und Mädchenbildung, zu Karriereplanung, zur Geschichte von Frauen in Naturwissenschaft und Technik, zum Thema Lesben in diesem Bereich – Grenzen überschreiten. Außerdem geht es, verbunden mit dem Kongress-Motto um die Themen Wasser und Migration: Warum migrieren Frauen und wie verändert das ihr Leben und ihre Rolle? Wollen wir wirklich dem Job hinterherziehen? Welche Strategien gibt es im Umgang mit Wasserknappheit oder -verschmutzung? sind einige Fragen. Am Sonnabend, den 3. Juni, wird es eine öffentliche Podiumsdiskussion geben. Schirmherrin des FiNuT ist Wissenschaftssenatorin Krista Sager (GAL).

Informationen gibt es unter FiNut 2000, c/o FrauenLesbenRat des AStA der Uni Hamburg, Von-Melle-Park 5, 20146 Hamburg. E-mail: finut2000§asta.uni-hamburg.de.

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