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„Ich bin der Gute“

Voll eingebürgert: Aysun Bademsoy zeigt „Deutsche Polizisten“ (Forum) bei der Arbeit

Schon wieder Fußball. Diesmal sind es allerdings keine türkischen Teenager, die ihren Frust auf einem Kreuzberger Sportplatz von sich fortkicken. Das war in Aysun Bademsoys Dokumentarfilm „Nach dem Spiel“ von 1997. Stattdessen ist die deutschtürkische Filmemacherin nun mit Hertha-Hooligans in der U 1 unterwegs. Schwer bedrängt arbeitet sie sich gemeinsam mit ihrer Kamerafrau durchs Abteil, während die Männer in Blau und Weiß den Hit von der „Reichshauptstadt“ blöken.

Zum Glück sorgt Bürol B. dafür, dass keiner den Frauen allzu sehr auf den Pelz rückt. Denn Bürol B. ist als Fanbegleiter für Notfälle abgestellt. So wie Ammar M. sich um Drogendealer am U-Bahnhof Schönleinstraße kümmern muss und Fatih illegale Ausländer im Abschiebeknast abliefert. Alle drei sind Polizisten in Berlin. Deutsche Polizisten.

Von dieser Verschiebung handelt Bademsoys gleichnamiger Film: Wie steht es um die Einbürgerung? Wie gehen türkisch- oder jugoslawischstämmige Menschen damit um, wenn sie plötzlich einen deutschen Pass in der Hand halten? Immerhin sind die jungen Männer, die Bademsoy fünf Wochen lang beobachtet hat, als Hüter des Gesetzes auch Diener des Staates. Und sie machen ihren Job gerne. Alle. Auch wenn Ammar M. einmal beklagt, dass manche Leute ihn „Verräter“ nennen. Vermutlich sind es diejenigen, die er nachts auf Streife kontrolliert. Ausländische Jugendliche.

Das Problem ist aus Amerika bekannt: Dort werden in „schwierigen“ Bezirken mit hohem Anteil schwarzer Bevölkerung meistens afroamerikanische Polizisten eingesetzt, um den Vorwurf der Rassenjustiz zu entkräften. Das System ist jedoch fragwürdig, die Polizei bleibt von sozialen Strukturen vor Ort weiter abgekoppelt.

Dagegen setzt Bademsoys Film auf die dichte Beschreibung der Arbeit ihrer drei Protagonisten.

Denn im Alltag sind ausländische und deutsche Kriminelle vor der Ordnungsmacht gleich. Wenn Bürol B. Türken festnimmt, vermeidet er seine Muttersprache, um Beleidigungen aus dem Weg zu gehen. Ansonsten weiß er: „Ich bin einer von den Guten.“ Selbst wenn er als Spitzel in Zivil polnische Schwarzarbeiterinnen auffliegen lässt. „Deutsche Polizisten“ kommentiert nicht, sondern stellt klar: Einbürgerung ist keine Vergünstigung für bessere Menschen, sondern ein erstrebenswertes Grundrecht. Danach wird zusammen Weihnachten gefeiert: Bürol trägt blonde Zöpfe und singt zur Karaoke Schlager von Wolfgang Petry. Er tut es gern und Ammar M. auch. Harald Fricke„Deutsche Polizisten“. Regie: Aysun Bademsoy, D 99, 60 Min.

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