: Rote Karten für Schwarzgeldsünder
Der grüne Bundestagsabgeordnete Christian Ströbele schlägt einen Ehrengerichtshof vor, der wie beim Fußball das Strafmaß für Verstöße bei der Parteienfinanzierung festlegen soll
Berlin (taz) – Betretenes Schweigen oder unkoordinierte Sololäufe – so sah lange Zeit die Reaktion der deutschen Parteien auf die CDU-Spendenaffäre aus. Jetzt liegt ein erster Vorschlag auf Bundesebene vor: Die Grünen werfen ein Papier zur Reform der Parteienfinanzierung ins Rennen. Ausgefeilt hat den Maßnahmenkatalog der Parteilinke Hans Christian Ströbele.
„Die Gesetze zur Parteienfinanzierung sind gut“, meint der, „aber sie müssen auch angewendet werden.“ Vollzugsdefizit heißt das Problem im Juristenjargon. Die Grünen wollen hier Abhilfe schaffen – mit Sanktionen, die die wirklichen Täter treffen. Denn „die CDU wird bluten, wenn die Entscheidung über die Rückzahlungen fällt“, erklärt Ströbele, „aber für Beteiligte wie Kohl oder Weyrauch wird es keine negativen Auswirkungen geben.“
Für die gewünschte Täterhaftung sollen nach dem Grünen-Vorschlag zwei neue Institutionen sorgen. Zum einen soll ein „Kontrollgremium für Parteienfinanzierung“ beim Bundesrechnungshof befugt sein, unangemeldet Blicke in die Unterlagen der Schatzmeister zu werfen, zu durchsuchen und zu beschlagnahmen.
Stellt man Verstöße fest, soll ein aus Richtern und Abgeordneten zusammengesetzter „Partei-Ehrengerichtshof“ beim Bundesverwaltungsgericht wie im Fußball das Strafmaß für den „Rotsünder“ festlegen: zum Beispiel ein Verbot der Ausübung von Parteiämtern auf Zeit oder für immer und die Kürzung der Bezüge.
Außerdem sieht der grüne Vorstoß eine Reihe weiterer Änderungen vor: Die Veröffentlichung von Spenden schon ab 10.000 Mark statt wie bisher ab 20.000 Mark. Eine öffentliche Ausschreibung der Aufträge für die Wirtschaftsprüfer der Parteien. Die Offenlegung der Nebeneinkünfte der Abgeordneten. Eine Erweiterung der Sanktionen: Bei schweren Verstößen gegen das Parteiengesetz soll die Partei nicht nur zu Rückzahlungen verdonnert, sondern vom staatlichen Geldtopf für eine bestimmte Zeit ganz ferngehalten werden können.
So weit sei man sich in der Partei einig, sagt Ströbele. Strittig ist allerdings noch, ob die Kriminalstrafen für die Abgeordneten ausgeweitet werden sollen. Ströbele und einige andere würden lieber darauf verzichten, weil die Schaffung eines neuen Strafbestands dem Betroffenen ein Recht zur Aussageverweigerung einräumen würde. Und damit würde die Arbeit im Untersuchungsausschuss unnötig erschwert.
Aus dem Versuchsstadium ist man mit dem Vorschlag noch nicht heraus. Morgen wird erst einmal der parteiinterne Ausschuss das Papier absegnen, dann wird es in die Fraktion weitergereicht. Zwar könnten die Grünen als Regierungspartei aus dem Papier einen handfesten Gesetzentwurf basteln. Wann das geschehen soll, ist aber noch offen.
Bevor etwas Spruchreifes passiert, wird man wohl abwarten, welche Vorschläge die Ausschüsse der anderen Parteien auftischen. Denn noch fahndet die SPD nach der „Partei 21“, und auch CDU und FDP haben eigene Gremien auf das Problem angesetzt: Wie kann man verhindern, dass ein solcher Polit-GAU nochmal passiert?Gunnar Mergner
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