: CDU will das Verfassungsgericht dominieren
SPD, PDS und Grüne lehnen ab, dass CDU fünf von neun Verfassungsrichtern stellen will
SPD, PDS und Grüne haben gestern heftig kritisiert, dass die CDU das Vorschlagsrecht für fünf von neun Verfassungsrichtern beansprucht. Damit hätten die von der CDU nominierten Richter eine Mehrheit im höchsten Gericht. Über die Anmaßung der CDU herrsche erheblicher Unmut, hieß es gestern aus SPD-Kreisen. Eine Dominanz der CDU werde man nicht zulassen. Die grüne Fraktionschefin Renate Künast kritisierte, das Ansinnen der CDU komme der Schaffung eines CDU-Verfassungsgerichtes gleich. Die PDS bezeichnte das Ansinnen der CDU als „nicht angemessen“.
Die CDU begründete ihren Anspruch gestern damit, dass die Union aus den Abgeordnetenhauswahlen gestärkt hervorgegangen sei. Einen Parteienproporz sieht das Gesetz bei der Besetzung der Richterposten aber nicht vor. Bislang wurde stets darauf geachtet, dass die Richter das gesamte Spektrum juristischer Positionen abdecken. Eine Einigung der Parteien ist aber notwendig, weil die Verfassungsrichter vom Abgeordnetenhaus mit einer Zweidrittelmehrheit gewählt werden.
Parlamentspräsident Reinhard Führer (CDU) hat die Fraktionschefs von CDU, SPD, PDS und Grünen heute Morgen zu einem Gespräch eingeladen. Bei einem gemeinsamen Frühstück sollte das letzte Hindernis ausgeräumt werden. Führer drängt auf eine baldige Wahl, denn die siebenjährige Amtszeit von fünf Richtern ist bereits seit dem 26. März abgelaufen. Sie bleiben jedoch bis zur Wahl ihrer Nachfolger im Amt. Die Neuwahl war im vergangenen Jahr blockiert wordne, weil die SPD das Vorschlagsrecht für den Verfassungsgerichtspräsidenten forderte. Auf den von der CDU nominierten Präsidenten Klaus Finkelnburg sollte – wie beim Bundesverfassungsgericht – ein SPD-Kandidat folgen. Die CDU wollte der Wahl des derzeitigen Vizepräsidenten Ulrich Starost nicht zustimmen, weil eine Wiederwahl von Verfassungsrichtern nicht zulässig sei. Dieser juristischen Interpretation beugte sich die SPD schließlich. Die CDU will aber nach wie vor den Präsidenten des Verfassungsgerichts stellen.
Bei der Gründung des Gerichts 1992 hatten sich CDU und SPD darauf verständigt, FDP und Grünen das Vorschlagsrecht für einen Richter zu überlassen. Davon will die CDU nun abrücken. Dies ginge auf Kosten der Grünen. Denn erstmals will die CDU der PDS als stärkster Oppositionspartei ein Vorschlagsrecht zugestehen. Dies war ihr mit Hinweis auf ihre SED-Vergangenheit lange verwehrt worden. Die PDS schlägt eine westdeutsche Juristin ohne PDS-Parteibuch vor.
Dorothee Winden
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen