: „Christianchen, wo bist Du?“
■ Wer hat (Urheber)Recht: Romy-Schneider-Biografin Schwarzer und Romy-Schneider-Freundin Hölger streiten über Zitate des Filmstars
Sie waren beide voll Bewunderung für die Frau mit dem bürgerlichen Namen Rosemarie Magdalena Albach, die sich Romy Schneider nannte und für die Welt immer die „Sissi“ blieb. Die eine war ihre beste Freundin, die andere sollte Jahre nach Romy Schneiders Tod ihre Biografin werden. Christiane Hölger und Alice Schwarzer hatten sich über die Filmschauspielerin kennengelernt. Doch als sie gestern vor dem Saal des Hamburger Oberlandesgerichtes aufeinandertrafen, sagte Hölger nur den Anwälten „Hallo“. Schwarzer findet, „man kann sich doch ruhig mal begrüßen“. Hölger erwidert, die Kontrahentin habe „wie immer Recht“.
Heute sind sie Streitparteien, schon in der zweiten Instanz stehen sie sich in Hamburg gegenüber. 1998 war das Buch „Romy Schneider – Mythos und Leben“ der bekannten Frauenrechtlerin Schwarzer erschienen. Darin charakterisiert sie Schneider anhand persönlicher Begegnungen in den 70er Jahren sowie von Tagebuchaufzeichnungen und Briefen der Schauspielerin. Einige Zitate sind einem Film entnommen, den Hölger zusammen mit der Filmemacherin Claudia Holldack drehte und der mit „Dokumentation“ überschrieben war. Darin stellen sich die Zitate als wörtlich dar. Die Filmemacherinnen behaupten nun, sie seien nicht original von Romy Schneider, sondern als „fiktives Tagebuch“ von Hölger aus der Erinnerung aufgeschrieben worden. Folglich habe diese das Urheberrecht daran, und das habe Schwarzer durch den Abdruck in ihrem Buch verletzt.
Im Gerichtssaal läuft der Film. Die Einleitung: Porträtfotos von Romy Schneider, als Mädchen und junge Frau, in Pose und im Alltag. Bilder von Paris werden gezeigt, der Stadt, in der Schneider lebte und von wo aus sie Hölger unzählige Briefe schickte. „Christianchen, wo bist Du?“ fragt eine Stimme. „Du tust mir gut. Vergiss mich nicht. Deine Rosa.“ Rosa war der Name, mit dem sich Romy Schneider von Hölger ansprechen ließ. Die verlässt den Gerichtssaal, bevor die Videokassette eingelegt wird. „Das berührt mich zu sehr.“ Sieben Textstellen stehen zur Disposition. Hölger, so sagt deren Anwalt, hätten Tagebuchaufzeichnungen und Briefe vorgelegen, daraus habe sie die Zitate geschaffen. Der Vorsitzende Richter deutet an, das müsse glaubhaft gemacht werden, bislang sei das nicht hinreichend erfolgt. Schon das Landgericht hatte eine Urheberrechtsverletzung verneint.
„Es gab für mich nicht den Bruchteil einer Sekunde einen Zweifel daran, dass die Zitate von Romy Schneider stammen“, sagt Schwarzer zur taz. Die Briefe seien „voller emotionaler Intelligenz und Leidenschaft“ – ganz so, wie sie selbst die berühmte Schauspielerin kennengelernt hatte. Der solle nun „über den Tod hinaus ihre Stimme geraubt werden“. Für Schwarzer sei selbstverständlich gewesen, dass „das Drehbuch eines Dokumentarfilmes der Freundin Schneiders eine verlässliche Quelle war“.
Darüber befindet nun das Gericht. Am 9. März wird es das Urteil verkünden. Elke Spanner
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