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Parteiausschluss für CDU-Spitze?

■ Sachsens CDU-Fraktionssprecher Schubert fordert den Rückzug von Bremens CDU-Spitze Neumann/Perschau wegen Kohl-Neujahrs-Empfang

In Bremen verebbt langsam die Kritik am Neujahrsempfang der CDU mit Helmut Kohl. Bundesweit allerdings ist Nichts vergessen, meint Markus Schubert, Politikwissenschaftler und CDU-Mitglied sowie stellvertretender Landesvorsitzender der Jungen Union in Baden-Württemberg und Pressesprecher der CDU-Landtagsfraktion in Sachsen. Er fordert: Bernd Neumann und Hartmut Perschau müssten von der CDU ausgeschlossen werden.

taz: Sie fordern Konsequenzen nach dem Neujahrsempfang in Bremen – was hat Sie gestört?

Markus Schubert: In der Krise der CDU ist die Bremer Neujahrsfeier eine ganz entscheidende Wegmarke: Hier haben die Herren der Bremer CDU die Glaubwürdigkeit des Aufklärungsverhaltens der CDU-Spitze konterkariert. Das war in der Woche, als Schäuble die Zustimmung des Präsidiums bekommen hatte, dass Helmut Kohl den Ehrenvorsitz niederlegen sollte. Und zwei, drei Tage später findet ein Feldgottesdienst in Bremen statt, wo die Vorredner Perschau und Neumann das, was gerade eben als parteischädigend markiert wurde, auch noch zu einer Tugend verklären.

Hat sich die Bremer CDU damit bundesweit diskreditiert?

Das wird sich auf dem Parteitag zeigen. Aufklärung heißt heute, wie geht man politisch mit den Personen um, die sich von denen, die für die Spendengelder verantwortlich waren, nicht trennen wollen. Und die dadurch den Eindruck erwecken, dass dieses System im Grunde in die aktuelle CDU mit reinwuchert und fortgesetzt die Glaubwürdigkeit beschädigen.

Sind die Bremer allein mit dieser Haltung?

Nein. Diese Haltung, Kohl als Monument zu behalten, wird es in vielen Ortsverbänden geben – wenn auch mit abnehmender Tendenz. Die Bremer CDU ist zwar ein überschaubarer Verband, spielt aber trotzdem in der Liga der Landesverbände und wird dementsprechend beachtet.

Sie wünschen einen Parteiausschluss für Perschau/Neumann?

Ich finde, Perschau und Neumann sollten sich für diesen damaligen Black-out entschuldigen. Oder sich aus dem Geschehen der Bundes-CDU auf dem nächsten Bundesparteitag zurückziehen. Andernfalls sind sie Kandidaten für ein Parteiausschlussverfahren, das auf dem nächstem Parteitag – natürlich auch gegen die Akteure des Finanzskandals – eingeleitet werden sollte.

Sie haben die beiden als „unsägliche Kerle“ bezeichnent, die den Namen der Partei besudeln – reicht das für einen Ausschluss?

Die Kette ist doch so: Der Bundesvorstand und das Präsidium ringen sich in einer extrem schmerzlichen Sitzung dazu durch, sich von Helmut Kohl zu lösen. Und ein paar Tage später gibt es einen Auftritt von Kohl in Bremen, der ein hoch emotionales Signal an die Basis gibt: Dass man eben doch noch zu Helmut Kohl stehen kann. Was auch einem damals noch zögerlichen Aufklärer wie Wolfgang Schäuble ein Signal gibt: Er kann die Aufklärung nicht ohne die Basis durchziehen. Und das hat bis heute den Aufklärungskurs ein gutes Stück unglaubwürdiger gemacht.

Die Linie auf dem Empfang war doch klar, nachdem sich Neumann im Vorstand der Stimme enthalten hatte, als es um Kohls Ehrenvorsitz ging.

Das ist in einer Abstimmung sein gutes Recht. Aber wie geht der Landesverband hinterher mit dem Beschluss des Bundesverbandes um? Die Frage ist, ob er einem solchen Beschluss eine solche Veranstaltung entgegensetzen darf, von der Neumann ja wissen musste, wie sie ausgeht.

Wäre es denn mit einer Entschuldigung getan?

Es wäre zumindest ein kleines Zeichen der Reue. Man kann im Moment überhaupt nicht erkennen, dass man in Bremen wahr- nimmt, was für eine unglaubliche Entglei-sung diese Veranstal-tung war, und was für einen nachhalti-gen Schaden sie angerichtet hat.

Sie verlangen eine personelle Erneuerung der CDU. Ist das mit Leuten wie Perschau/Neumann überhaupt machbar?

Nein. Da habe ich genug Vertrauen in die Delegierten des Parteitags, dass sie eine Vorstandsmannschaft finden, in der ewige Kohlisten nicht mehr auftauchen.

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