: Wohnen in Tenever – Versteigerung geplatzt
■ Für drei Millionen Mark wären jetzt beinahe 353 Wohnungen in Osterholz-Tenever verkauft worden – das war aber der Gläubigerbank jedoch zu wenig
Der kleine Saal Nummer 111 im Bremer Amtsgericht war am Freitag früh brechend voll. Die 24 Stühle hatten Mieter des Tenever-Hochhauses „Kaiserslauterner Straße“ rechtzeitig besetzt, rechts und links neben den Stuhlreihen standen dicht gedrängt andere Mieter und dazwischen einige Herren in korrekten Anzügen, einzelne mit dicken Aktenkoffern. Punkt 10 Uhr rief der Richter die Versteigerung des Objektes Kaiserslauterner Straße auf, es handelt sich um 353 Wohnungen des im Konkursverfahren befindlichen Hannoveraner Architekten Lothar Krause. Krauses Konkursverwalter verfügt über insgesamt 1418 Wohnungen dort.
Die Atmosphäre war gespannt. Wer würde bieten? Gibt es vielleicht hinter den Kulissen eine „bremische Lösung“? Die Gewoba jedenfalls hatte immer wieder einen Kauf des Hauses, das sie derzeit im Auftrage des Konkursverwalters verwaltet abgelehnt, weil das Objekt nicht rentabel sei.
Der Verkehrswert sei auf 30 Millionen Mark festgelegt, belehrte der Richter, bei diesem dritten Versteigerungstermin seien aber Gebote ab 160.000 Mark gültig. „Jetzt sind Sie dran. Wer gibt ein Gebot ab?“ Gespannte Stille herrscht. Will niemand bieten? „Wenn Sie die Sicherheit von drei Millionen Mark in bar abgeben wollen, dann möchte ich Sie bitten, nicht im letzten Moment Ihr Gebot abzugeben, damit wir Zeit zum zählen haben“, bittet der Richter. Nach 30 Minuten ist Ende der Bietungsfrist. Fragend blickte der Richter noch einmal in der Runde. Da meldete sich ein Herr im feinen grauen Mantel: „Darf ich vielleicht etwas sagen?“ formuliert er schüchtern. Klar, sagt der Richter, wollen Sie...? Ja, sagt der Mann, drei Millionen biete er. Raunen geht durch den Raum. „Da fehlen doch 20 Millionen für die Renovierung“, ruft eine Mieterin dazwischen. Peter Reiner Schoofs heißt der Bieter, führt eine „einzelkaufmännische Firma“, wie er sagt, und legt Pass und Bank-Scheck vor.
„Gibt es weitere Gebote?“, fragt der Richter. Zum ersten ... Da ist dann doch noch ein anderer Bieter, Helmut Hans, Steuerberater aus Hattingen. Bietet acht Millionen. Sicherheit? Dafür hat er einen Privatscheck. Die Mieter im Saal verfolgen gebannt das Geschacher um ihre Wohnungen. „Schecks sind mitunter nicht gedeckt“, sagt der Richter. Nur Bankschecks zähen vor Gericht als Sicherheit, Herr Hans tritt mit gesenktem Kopf ab. Es bleibt bei dem ersten Gebot – „zum Ersten, zum Zweiten ...“
353 Wohnungen für drei Millionen? Unruhe und ungläubiges Staunen bei den Besuchern. Die Herren in den grauen Mäntel bleiben aber gelassen. „Ich würde um die sofortige Zuschlagserteilung bitten“, sagt der Bieter Schoofs. „Ich beantrage die Einstellung des Versteigerungsverfahrens“, interveniert da der Vertreter der Gläubiger-Bank „DG-Hyp“. Der Richter klappt den Aktendeckel zu und versagt den Zuschlag.
Schoofs hat wirklich nicht damit gerechnet, dass er das Objekt so billig bekommt. Er ist Immobilienkaufmann und bietet öfter mit. Manchmal geht es eben unerwartet aus, sagt er.
Die Mieter sind froh, dass der Zuschlag an den 3-Millionen-Mann verhindert wurde. „Wir haben Zeit gewonnen“, sagt einer. „Der Senat muss die Verantwortung für sein Demonstrativ-Bauvorhaben übernehmen“, steht auf dem Mieter-Flugblatt. K.W.
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