: Neonazis aus Eggesin vor Gericht
■ Der Generalbundesanwalt klagt sie wegen versuchten Mordes an zwei Vietnamesen an. Er will das Verfahren als Warnung an die rechtsextreme Szene verstanden wissen
Stralsund (AP/taz) – Gemeinschaftlich versuchten Mord und gefährliche Körperverletzung an zwei Vietnamesen hat die Bundesanwaltschaft fünf rechtsextremen Gewalttätern am Montag zum Prozessauftakt vor dem Oberlandesgericht Rostock vorgeworfen. Aus ausländerfeindlichen Motiven heraus hätten die vier Jugendlichen und ein Heranwachsender im August 1999 im vorpommerschen Eggesin ihre Opfer mit äußerster Brutalität zusammengeschlagen und lebensbedrohlich verletzt. Wegen „besonderer Schutzwürdigkeit“ der Jugendlichen schloss das Gericht in Stralsund nach Verlesung der Anklage die Öffentlichkeit von den weiteren 16 Verhandlungsterminen aus.
Die vier 16 und 17 Jahre alten Jugendlichen sowie ein 20-Jähriger hätten „aus niederen Beweggründen und Hass auf Ausländer“ die 28 und 29 Jahre alten Vietnamesen in der Nacht zum 22. August bei einem Volksfest in Eggesin nahe der polnischen Grenze überfallen, hieß es in der Anklage der Bundesanwälte. Die Tatverdächtigen seien aus einem Bierzelt ihren späteren Opfern gefolgt und hätten diese zu Boden geschlagen. Zudem hätten die zum Teil stark angetrunkenen Schläger die Vietnamesen mit „Ausländer verrecke“ beschimpft.
Ein Opfer erlitt eine lebensbedrohliche Hirnblutung durch mehrere Brüche des Schädels und lag zehn Tage im Koma. Sein Landsmann trug eine schwere Gehirnerschütterung und erhebliche Nierenverletzungen davon. Die Bundesanwaltschaft spricht von einer „besonderen Qualität“ der Tat und zog deshalb am 23. September vergangenen Jahres das Verfahren an sich. Eva Schübel, Sprecherin der Bundesanwaltschaft, begründet den Schritt damit, dass es sich hier um den dringenden Tatverdacht eines gemeinschaftlich versuchten Mordes handelt. Die Angeklagten „wollten unter den hier lebenden Ausländern ein allgemeines Klima der Angst hervorrufen“. Die Beschuldigten seien Mitglieder oder Sympathisanten der rechtsextremen Gruppen „Nationaler Widerstand Eggesin“ und „Arischer Widerstand Eggesin“ – sie propagierten eine von ihnen so genannte „Reinhaltung der deutschen Rasse“ und den „Kampf gegen Ausländer“. Unter ihren Gesinnungsgenossen hätten sie eine Gewaltbereitschaft schüren wollen, „die über Krawall und Prügeleien hinaus in den Bereich vorsätzlicher Tötungsdelikte geht“. Das Verfahren sei übernommen worden, „weil die rechtsextreme Gewalttat vor dem Hintergrund der Häufung ausländerfeindlicher Anschläge geignet war, die innere Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland zu beeinträchtigen“.
Die fünf Beschuldigten bekannten sich bei Vernehmungen zu ihrer Ausländerfeindlichkeit. Generalbundesanwalt Kay Nehm, der erstmals ein derartiges Verfahren an sich zog, will das als Warnung an die gewaltbereite rechtsextreme Szene verstanden wissen.
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