: Gegen rechts und links nur im Doppelpack
Die Brandenburger CDU will eine Kursänderung des Aktionsbündnisses gegen Rechtsextremismus. DGB und Landesjugendring drohen nun mit Austritt
Das Brandenburger Aktionsbündnis gegen Gewalt, Rechtsextremismus und Fremdenfeindlichkeit droht zu zerfallen. Der DGB erwägt den Rückzug aus dem Bündnis. Grund: Der Gewerkschaftsdachverband befürchtet, das Gremium werde künftig „nicht mehr als ein Feigenblatt“ der Politik von CDU-Innenminister Jörg Schönbohm sein.
Am Donnerstag letzter Woche hatte Schönbohms Staatssekretär Eike Lancelle (CDU) im Bündnis beantragt, künftig das Aktionsprogramm auf die Bekämpfung von Linksextremismus auszuweiten. Der DGB sieht darin eine „Änderung der politischen Ausrichtung“, so DGB-Sprecher Dieter Pienkny, die Lancelle „handstreichartig im Bündnis durchgezogen“ habe.
Neben dem DGB, dessen Position gestern von der Brandenburger SPD „begrüßt“ wurde, will auch der Landesjugendring über ein Ausscheiden nachdenken. Es solle jedoch abgewartet werden bis zum 16. März. Dann will der Vorstand entscheiden, wie sich der Beschluss auf die Praxis des von Kirchen, Gewerkschaften, Jugendverbänden, Flüchtlingsinitiativen und anderen Gruppen getragene Bündnisses auswirken soll. Das Bündnis macht seit 1997 Bildungs-und Öffentlichkeitsarbeit gegen Rassismus und Rechtsextremismus und trägt zur Vernetzung von lokalen Initiativen bei.
Der Antrag Lancelles war vermutlich seine letzte Amtshandlung in dem Gremium. Die bisher mit vier Ressorts im Bündnis vertretene Landesregierung will sich zurückziehen. Die Finanzierung mit einer halben Million Mark pro Jahr aus Lottomitteln bleibe aber erhalten.
Die CDU ist mit der bisherigen Ausrichtung des Bündnisses nicht zufrieden. Obwohl der Landesvorsitzende Schönbohm, der sich als Berliner Innensenator hauptsächlich der linken Szene widmete, Rechtsextremismus als Problem erkannt hat: Während seines Wahlkampfes zu den Landtagswahlen im vergangenen September habe er gelernt, „dass die Behauptung, in Brandenburg gibt es Rechtsextremismus, keine Behauptung ist, sondern Tatsache“.
Schon bei den Koalitionsverhandlungen mit den Sozialdemokraten wollte die CDU das mit Landesmitteln finanzierte Bündnis aber in „Aktionsbündnis gegen Gewalt, politischen Extremismus und Fremdenfeindlichkeit“ umbenennen. Das „Problem des Linksextremismus“ habe das Bündnis bisher gar nicht thematisiert, begründet der innenpolitische Sprecher der CDU-Fraktion Sven Petke die Bemühungen seiner Partei. Auf Nachfrage bestätigt er aber der taz: „Wir haben hauptsächlich Probleme mit Rechtsextremismus, daran gibt es nichts zu deuteln.“ Es müssten aber die gemeinsamen Ursachen von Links- und Rechtsextremismus erörtert werden.
Außer der CDU mag im Land Brandenburg kaum jemand diese Notwendigkeit erkennen. „Es ist nicht hilfreich, über die Bedeutung von Linksextremismus zu streiten, wenn der Rechtsextremismus das große Problem ist“, sagt der Vorsitzende des Aktionsbündnisses Leopold Esselbach. Die bisherige Arbeit ist nach seiner Ansicht erfolgreich: Anders als früher werde Ausländerfeindlichkeit heute in Brandenburg thematisiert.
Auch die Ausländerbeauftragte Almuth Berger kann die Forderungen der CDU nicht nachvollziehen und sieht die Intention des Bündnisses in Gefahr. Ob sie nach dem Rückzug der Landesregierung weiter Mitglied im Bündnis ist, hängt von der Zustimmung des Kabinetts ab.
Am Tag von Lancelles Antrag im Bündnis hatte das Innenministerium mit der Strafstatistik für das vergangene Jahr neue Daten über Extremismus vorgelegt: Der Staatsschutz hat demnach 118 fremdenfeindliche, 145 rechtsextreme und 25 antisemitische Straftaten gezählt. Die vermeintlich so starken Linksextremisten verübten nach Polizeiangaben 46 Straftaten. Dirk Hempel
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