: Homoehe bleibt weiterhin tabu
Die evangelische Kirche sagt aber ja zur Entdiskriminierung homosexueller Partnerschaften. Herta Däubler-Gmelin freut sich
Berlin (taz) – Die Evangelische Kirche Deutschlands (EKD) hat durch eines ihrer höchsten Gremien ihr grundsätzliches Einverständnis mit den Reformplänen der rot-grünen Koalition für die Entdiskriminierung homosexueller Partnerschaften erklärt. „Es ist ethisch geboten, Verlässlichkeit und Verantwortung im menschlichen Zusammenleben zu stärken. Das gilt auch für gleichgeschlechtliche Lebenspartnerschaften und die Verbesserung ihres rechtlichen Schutzes“, heißt es wörtlich in dem siebenseitigen Papier, das gestern am EKD-Sitz in Hannover vorgestellt wurde.
Der Fortschritt ist für christliche Verhältnisse immens. Immerhin bestritt die EKD noch vor zehn Jahren die Existenz intakter schwuler oder lesbischer Beziehungen; vielmehr hielt sie homosexuelle Menschen grundsätzlich für der Seelsorge bedürftig. Tatsächlich heißt es in der nun publizierten Stellungnahme, dass homosexuelle Beziehungen nicht vor dem Standesamt geschlossen werden sollen, um jede Ähnlichkeit mit der (bislang exklusiv heterosexuellen) Ehe zu vermeiden. Weiter wird gefordert, dass „eine politische Aufwertung und rechtliche Anerkennung“ nichtheterosexueller Beziehungen „nicht auf Kosten der sozialen und rechtlichen Stellung der Ehe gehen“ dürfe. Allerdings sollten rechtliche Regelungen geschaffen werden, die schwule und lesbische Paare vor Benachteiligungen im Erb- und Mietrecht schützen.
Konkret verwahrt sich die EKD aber nicht nur gegen Vorschläge, dass Schwule und Lesben die Kinder ihrer Partner auch adoptieren können. Jeder Anschein soll zerstreut werden, dass homosexuelle Partnerschaften einen Anspruch auf gleichwertige Anerkennung erhalten können. Hingewiesen wird besonders auf die biblische Privilegierung heterosexueller Verhältnisse. Dem „Kindeswohl“ sei „im Allgemeinen am besten in Verhältnissen gedient“, in „denen ein Kind mit Vater und Mutter aufwachsen kann, anstatt mit zwei Vätern oder zwei Müttern“.
Das Papier ist ein Kompromiss zwischen liberaleren und strikt konservativen Kräften innerhalb der EKD. Was weltläufigeren Christen wie den Bischöfinnen Maria Jepsen (Hamburg) und Margot Kässmann (Hannover) zu schwach und verzagt scheinen mag, wäre für evangelikale Milieus wie in Baden-Württemberg noch immer so weitgehend, dass es einer Revolution gleichkäme.
Justizministerin Däubler-Gmelin (SPD) hat das EKD-Papier als ganz auf ihrer Linie liegend begrüßt. Auch sie halte nichts davon, die Ehe für Homosexuelle zu öffnen. Aber sie könne nicht verstehen, warum die Homo-Partnerschaft bei einem Amtsgericht und nicht beim Standesamt besiegelt werden soll. Jan Feddersen
Siehe Kommentar auf Seite 12
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