Kommentar: Blassgrün
■ Warum der vermeintliche grüne Wahlerfolg die Spielräume der Partei verkleinert
Gestern haben die Grünen gejubelt, das sei ihnen gegönnt. Schließlich hatten sich fast alle in der Partei auf eine Zitterpartie eingestellt, und das Zittern war schon um 18 Uhr nach der ersten Prognose vorbei. Klar dürfte dem alten und neuen kleinen Koalitionspartner aber jetzt schon sein, dass die nächsten vier Jahre Regierungsbeteiligung keinen hohen Lustfaktor für ihn haben werden.
Die Grünen sind gegenüber dem Ergebnis von vor vier Jahren geschwächt und sitzen in den Koalitonsverhandlungen selbstgefälligen und -bewussten Sozialdemokraten gegenüber. Da werden weitere Zugeständnisse fällig, schließlich können Simonis und Konsorten zur Not immer mit dem Trumpf Kubicki in der Hinterhand drohen. Wenn die Grünen sich partout quer stellen sollten, dann sucht man sich eben andere Partner. Sind ja genug da.
Das scheint auf Regierungsjahre hinaus zu laufen, in denen das grüne Profil in der Öffentlichkeit noch schwächer ausgeprägt ist, als es in der Vergangenheit bereits war. Die Regierungs-erfolge des kleinen Partners nach vier Jahren in der Koalition – es gibt sie durchaus: von der Förderung regenerativer Energie bis hin zur Frauenpolitik. Aber sie sind eher unauffällig. Bei den auch medienöffentlich wirksamen Themen Atom und Verkehrsprojekte hat die SPD bewiesen, dass sie keinen Zoll weicht. Jetzt hat sie noch weniger Grund zur Nachgiebigkeit.
Die WählerInnen haben den Grünen gestern noch einmal eine Chance gegeben. Die Spielräume, sie zu nutzen, sind allerdings noch kleiner geworden.
Peter Ahrens
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen