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Demoverbot am 1. Mai? ■ Werthebach kocht ein heißes Süppchen
Alle Zeichen stehen auf Sturm. Anfang Mai werden sich zahlreiche Regierungschefs in Berlin zu einem Stelldichein treffen. Anfang Mai werden wieder die revolutionären Demonstranten durch die Straßen ziehen wollen. Die Anwesenheit von US-Präsident Bill Clinton wird ein zusätzlicher Ansporn für die autonomen Gruppierungen sein.
Genau dieses Süppchen, das sich da für Anfang Mai zusammenbraut, scheint Innensenator Eckart Werthebach (CDU) zu munden. Denn ein Freund einer Deeskalationsstrategie, die diesen Namen auch verdient, ist der Werthebach gewiss nicht. So überrascht es kaum, dass der Innensenator mit dem Terrorismusvorwurf gegen die Antifaschistische Aktion Berlin (AAB) noch mal kräftig nachpfeffert. Die perfekte Vorlage, um ein Demoverbot zu begründen.
Schon seit Monaten kämpft er gegen das Demonstrationsrecht. Politisch erfolglos mit der Ausweitung der Bannmeile, rechtlich mit wachsendem Erfolg durch Demonstrationsverbote. Bisher zielten diese gegen Neonazis. Da konnte sich der rechte Hardliner eines gesellschaftlichen Konsens gewiss sein.
Doch Werthebach hat noch einen anderen Feind. Und der steht links. Schon labt sich der Innensenator an der „besonderen Situation von bundespolitischer Bedeutung“ rund um den 1. Mai, die Konsequenzen haben könne. Es ist zu vermuten, dass die Polizei alle Möglichkeiten ausschöpfen wird, um den ungeliebten Protestzug zu verhindern. Schließlich kam es in den vergangenen Jahren regelmäßig zu Ausschreitungen am 1. Mai. Nur dass die Polizei mit ihrem schlagkräftigen Vorpreschen nicht wenig Anteil an der Eskalation hatte, wird in einer Verbotsbegründung kaum berücksichtigt werden.
Auch wenn das Verbot vor Gericht keinen Bestand haben sollte: Die Debatte über den repressiven Umgang mit dem Demonstrationsrecht wird die eh schon heiße Suppe kräftig hochkochen. Ein weiteres schmackhaftes Angebot für Krawalllustige unter den Demonstranten, serviert von ihrem Innensenator. Auf seiner Rechnung werden weitere weitere Vorstöße gegen das Demonstrationsrecht stehen. Gereon Asmuth
Berichte Seite 21
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