: VW-Modell für Deutsche Bank?
■ Bankenhochzeit: Gewerkschaft HBV will in Hamburg mit „Fusions-tarifverträgen“ Arbeitsplatzabbau verhindern Von Kai von Appen
Die Fusion der Deutschen Bank und Dresdner Bank zwingt auch die Gewerkschaften, neue Wege zur Arbeitsplatzsicherung der BänkerInnen zu gehen. Nach taz-Informationen wird die Gewerkschaft Handel, Banken und Versicherungen (HBV) in Hamburg Forderungen nach Haus- und Konzerntarifverträgen aufstellen, um dem Kahlschlag zu begegnen. Hamburgs HBV-Sprecher Lutz Eilrich: „Wir haben das zunächst in die interne Beratung mit unseren Betriebsräten gegeben, aber es wird wohl ein Fusionstarifvertrag dabei rauskommen.“
Denn dass die Giganten-Hochzeit, die am kommenden Dienstag durch die Aufsichtsräte endgültig abgesegnet werden soll, auch in der Hansestadt Arbeitsplätze kosten wird, gilt bei der HBV als sicher. „Es werden natürlich bei Überschneidungen an Standorten Filialen geschlossen oder zusammengelegt“, so Eilrich. Betroffen werden seiner Ansicht nach besonders die wenig frequentierten Filialen in den Außenbezirken sein.
Derzeit unterhalten beide Banken zusammen in Hamburg 143 Schalterstellen mit über 4.200 Mitarbeiterinnen. Bundesweit sind es 140.000, von denen nach der Fusion zur Deutschen Beraterbank bis 2003 16.000 abgebaut werden sollen: Das macht rein rechnerisch in Hamburg 480 Stellen weniger.
Den Betriebsräten sind bei deratigen Konzentrationsprozessen oft vom Gesetz die Hände gebunden. Meist bleiben nur ein Sozialplan oder Teilzeit- und Vorruhestandregelungen auf good will-Basis übrig. Die HBV sieht diesmal aber eine Chance, handlungs- und arbeitskampffähig zu werden: Sie könnte mit einem speziellen Forderungskatalog die Friedenspflicht des Lohn- und Gehaltstarifvertrags umschiffen. Die Forderungen könnten dann in „Ergänzungstarifverträge“ gegossen werden. Vorstellbar ist für Eilrich zum Beispiel das Wolfsburger Modell: „Als VW in der Krise war, wurde auch nach soziualverträglichen Lösungen gesucht und nur noch 28 Stunden pro Woche gearbeitet.“
Die Zeichen dafür könnten gut stehen, da es im Gegensatz zum VW-Modell bei der Bankenfusion nicht einmal um Krisenmanagement geht. Im Gegenteil: Allein die Tatsache, dass die Allianz-Versicherung im neuen Konstrukt eine zentrale Schlüsselrolle spielt, zeigt, dass ein gigantischer Umbruch im gesamten Kapital- und Finanzmarkt losgetreten worden ist und die Karten im Privatkundengeschäft neu gemischt werden. So wird die Allianz-Versicherung – die mit ihren Rücklagen in Höhe eines Vielfachen des Bundeshaushaltes im Geld schwimmt – den Bereich Filialbanken übernehmen, in denen künftig private Bankkunden betreut und auch Versicherungspolicen angeboten werden.
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