: Jugend übernimmt Verantwortung
Politik trifft Wirtschaft trifft Kunst: Monika Grütters sammelt Sponsoren für die Berliner Bankgesellschaft, arbeitet für die Stiftung Brandenburger Tor – und sitzt für die CDU im Kulturausschuss. Ein weibliches Karrieremodell, das nicht überall gut ankommt: „Der Umgang mit Frauen ist mies in der Partei“
von KATRIN BETTINA MÜLLER
Monika Grütters’ Lieblingsvokabeln stammen aus dem Tugendkatalog des Unternehmers. „Verantwortung“ zum Beispiel: „Jugend übernimmt Verantwortung“ hieß ein bundesweiter Wettbewerb, den Monika Grütters, Sprecherin der letztes Jahr gegründeten Stiftung Brandenburger Tor, mit als erste Initiative auf den Weg brachte. Gewonnen haben zum Beispiel eine von Schülern betriebene Fahrradwerkstatt, die erst den Vandalen auf dem Schulhof die Lust an der Zerstörung fremder Fahrräder nahm und sich dann zu einem Kleinstunternehmen aufschwang, und Schüler, die Computerkurse für Senioren anboten. Grütters schwärmt: „Die haben nicht nur etwas verdient, da entstanden auch Freundschaften zwischen den Generationen.“
Noch mehr Lieblingsvokabeln: Von „Mut und Risiko“ redet Monika Grütters, wenn es um die Sponsoring-Einsätze der Bankgesellschaft Berlin geht. Das „Risiko“ etwa, das die Bankgesellschaft mit der Unterstützung der Berliner Kunstmesse Art Forum eingeht, obwohl deren Etablierung noch nicht sicher sei. „Nicht etabliert“ heißt so viel wie: ohne garantierte Gewinne. Und das ist in der Kultur und Bildung fast alles. Das Feld für Stiftungen und Sponsoring ist weit.
Monika Grütters arbeitet nicht nur für die Stiftung und die Bankgesellschaft. Sie ist auch Politikerin. Mit 37 Jahren gehört sie zu den jüngeren Stellvertretern des CDU-Fraktionsvorsitzenden Klaus Landowsky, die als Signal der Verjüngung der Partei eingesetzt wurden. Im Kulturausschuss führt sie den Vorsitz und arbeitet als wissenschaftspolitische Sprecherin der CDU.
Bedenken, als Funktionsträgerin in Wirtschaft und Politik Macht anzuhäufen, hat sie keine. Als Kulturmanagerin fördert sie Projekte, die ihrem Credo von der gesellschaftspolitischen Verantwortung großer Unternehmen Glaubwürdigkeit verleihen. Das Modell funktioniert, solange beide Bereiche kooperieren. Wer Zugriff auf Sponsorentöpfe und Stiftungsgelder hat, beobachtet den Abbau staatlicher Subventionen mit mäßiger Empörung.
„Warum“, fragte sie in einer Diskussionsrunde mit jungen Künstlern aus Prenzlauer Berg, „muss denn der Gegensatz zwischen bürgerlichem Establishment und junger Kunstszene gepflegt werden, wenn ihr uns braucht, um eure Arbeiten zu kaufen?“ Solche Gespräche, erzählt sie in ihrem neu bezogenen Büro im Berliner Landtag, liebt sie. Vielleicht, weil sie da eine Rolle als große Schwester weiterspinnen kann, die ihr schon zu Hause in Münster bei vier jüngeren Geschwistern zukam.
Überhaupt: die Ausnahme sein. Das begann, als sie in Bonn Germanistik, Kunstgeschichte und Politik studierte und unter denen, die abends in der „Spelunke politisch diskutieren wollten“, die einzige bürgerliche Position vertrat. Grütters, die mit 16 Jahren in die Junge Union eingetreten war, gründete eine „Arbeitsgemeinschaft unabhängiger Germanisten“, die alles sammelte „rechts von der Linken Liste, links vom RCDS“ und sich im Wahlkampf für Kurt Biedenkopf engagierte. „Das war meine Politikschule“, meint sie heute.
Sie trägt Kostüm und blonde Locken, als wäre sie das ihrer Position schuldig. Ausnahme blieb sie dennoch als Frau in den Männerzirkeln der CDU. „Der Umgang mit Frauen ist mies in der Partei“, gibt sie zu und bemängelt das Fehlen eines politischen Konzepts, den Lebenswegen junger Frauen ohne eigene Familie Rechnung zu tragen. Ohne ihre „Paten“ Landowsky und Hassemer, meint sie, hätte sie es nicht geschafft.
Ausnahme ist sie auch als Nichtraucherin in politischen Sitzungen, „da wird man von morgens acht bis abends um zwölf zugeräuchert“. Zusammen mit einem grünen Gesundheitspolitiker setzte sie sich für Nichtraucherräume im Landtag ein. Ansonsten aber steht sie zur ihrer Partei. Selbst wenn ihr, wie im letztjährigen Kampf um ein Mandat in Wilmersdorf, die innerparteiliche Konkurrenz älterer Männer mehr zusetzt als der politische Gegner – sie bleibt dabei: „Wir machen die bessere Kulturpolitik in Berlin.“
Der neuen Kultursenatorin Christa Thoben traut sie das Potential der Veränderung zu, schon weil sie „von außen kommt und unabhängig ist“. Den Hebel in der wirtschaftlichen Struktur der Kulturtanker anzusetzen, hält Grütters für den richtigen Weg. „Wir sind der Meinung, dass man mit dem vorhandenen Geld die Kultur machen kann, die von Opern und Theatern erwartet wird. Vielleicht muss man eine Premiere weniger ansetzen oder andere Protagonisten einladen oder Werkstätten gemeinsam nutzen.“ Ebenso wie Christa Thoben und Kulturstaatsminister Michael Naumann glaubt sie, in der Umwandlung der Institutionen in GmbHs mit persönlicher Haftung der Intendanten ein Mittel gegen die Überziehung von Etats zu finden. „Wichtig sind längerfristige Verträge: Dann können Sie sagen, ihr bekommt den nächsten Zuschuss nur, wenn ihr in den nächsten vier Jahren die Zielvereinbarungen umsetzt.“ Dieses Schema von Anreiz und Sanktionen klingt sehr nach einem erzieherischen Konzept.
Grütters selbst war als mögliche Kultursenatorin im Gespräch. Das sei mehr eine Spekulation der Medien als ihr eigener Wunsch gewesen, sagt sie. Nicht zuletzt, weil sie dafür ihre Positionen im Vorstand der Stiftung Brandenburger Tor und bei der Bankgesellschaft Berlin hätte aufgeben müssen. Dort aber ist ihr Handlungsspielraum größer und die Ergebnisse sind greifbarer als im politischen Raum.
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