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Missbrauch mit angeblichem Asylmissbrauch

In Bremen machen sich Zweifel breit an den von CDU-Innensenator Schulte medienwirksam publik gemachten „500 Fällen von Asylmissbrauch“

BREMEN taz ■ Bremens Innensenator Bernt Schulte (CDU) weht der Wind ins Gesicht. An den „500 Fällen von Asylmissbrauch“, die seine Behörde vergangene Woche bundesweit publik machte, mehren sich die Zweifel. Der Koalitionspartner rudert zurück; es „überwiegt die Unklarheit“, heißt es aus der SPD. Der Innensenator habe ein Klima geschaffen, das Ausländerfeindlichkeit schüre. Die rund 1.500 in Bremen lebenden Libanesen, die zumeist Ende der 80er-Jahre als Bürgerkriegsflüchtlinge kamen, seien einem „Generalverdacht“ ausgesetzt worden. Menschenrechtler sprechen von einer „rassistischen Kampagne“, mit der Schulte von seiner mangelnden politischen Durchsetzungsfähigkeit ablenken wolle.

Die Stimmung in Bremen ist angespannt, seit die Innenbehörde „500 spektakuläre Ermittlungserfolge“ verkündete. Dabei sollen sich türkische Kurden als Libanesen ausgegeben haben, um so ihrer Abschiebung auch nach einer Asylablehnung zu entgehen (die taz berichtete). Schultes Problem: Die Zweifel der Kritiker sind begründet. Seine Behörde hat ihre Angaben inzwischen nach unten korrigiert – auf 181 „zweifelsfreie Fälle“. Auch der Vorwurf vom „organisierten Asylmissbrauch“ wurde abgeschwächt. Die Verdächtigen seien „in Familien organisiert“, heißt es nun. Viele davon noch in Windeln. Unter den 500 Beschuldigten sind rund 70 Prozent Minderjährige, viele davon in Deutschland geboren.

Die von Schulte verkündeten „spektakulären“ Ermittlungserfolge seien „alt“, heißt es bei der Justiz lakonisch. Dort hält man auch den allgemeinen Betrugsvorwurf für juristisch umstritten: Bei strafrechtlicher Verurteilung wegen Betrugs muss der Vorsatz belegt sein. Was den von der Innenbehörde medienwirksam errechneten „Schaden in Millionenhöhe“ betreffe, äußern unterdessen auch Sozialexperten Zweifel.

In allen Fällen geht es um kurdische Familien aus der anatolischen Region um Mardin. In dem Grenzgebiet zu Syrien leben nach Angaben des Hamburger Orient-Instituts 500.000 arabischsprachige Kurden, von denen viele in den letzten Jahrzehnten nach Libanon ausgewandert sind – wo sie aus innenpolitischen Gründen aber kaum Staatsbürger werden konnten, also staatenlos sind. Anwälte berichten von Verfahren, in denen nachträglich belegt wurde, dass staatenlose Libanesen als türkische Kurden abgeschoben wurden, so Anwalt Karim Popal. Ihm gelang es vor Jahren, den Verdacht einer türkischen Staatsangehörigkeit für staatenlose libanesische Mandanten zu widerlegen, obwohl deren Verwandte aus Nordrhein-Westfalen als Türken abgeschoben worden waren. EVA ROHDE

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