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„Zentrale Figur“ treffen

■ BekennerInnenschreiben zum Anschlag auf Haus von Lufthansa-Vorstandschef

Der dritte Anschlag ist unbemerkt geblieben: In ihrem Beken-nerschreiben wiesen die TäterInnen, die das Haus von Lufthansa (LH)-Vorstandschef Jürgen Weber mit Farbbeuteln beworfen hatten, gestern darauf hin, dass sie ebenfalls Sonntag Nacht in St. Pauli einen Lufthansa-Bus in Brand gesetzt hatten. Die Polizei bestätigte, dass das Fahrzeug eines privaten Unternehmers, der für die Lufthansa tätig ist, brannte. Der politische Hintergrund sei jedoch erst durch das Bekennerschreiben deutlich geworden, das gestern einging.

Darin klären die AutorInnen über die Mitwirkung der LH bei der Abschiebung von Flüchtlingen auf. 1998 seien rund 35.000 Menschen mit Flugzeugen aus Deutschland verbracht worden. Zur Flugbegleitung habe der Bundesgrenzschutz (BGS) rund 5400 BeamtInnen abgestellt. Etwa die Hälfte der Maschinen seien Flugzeuge der Luft-hansa gewesen. Als „zentrale Figur der Neugestaltung des Konzerns in den 90er Jahren“ trage Vorstandschef Weber dafür die Verantwortung.

Die AutorInnen weisen darauf hin, dass an Bord von Lufthansa-Maschinen in den vergangenen Jahren zwei Flüchtlinge bei ihrer Abschiebung starben: 1994 der Nigerianer Kola Bankole, voriges Jahr der Sudanese Aamir Ageeb. Konsequenzen habe das keine gehabt: „Weder geriet die LH in die Kritik, noch wurden die systematischen Misshandlungen durch den BGS thematisiert, geschweige denn die Praxis der Abschiebungen generell in Frage gestellt.“ Die BekennerInnen erinnern daran, dass auch in Belgien im September 1998 eine Frau bei der Abschiebung starb, Semira Adamu. Dort trat der Innenminister zurück. Die Fluggesellschaft „Sabena“ übernimmt seither keine gewaltsamen Abschiebungen mehr. In Deutschland hingegen müssten die „Profiteure der rassistischen Abschiebepraxis“ nicht einmal um ihren Ruf fürchten.

Ende voriger Woche hatten AbschiebungsgegnerInnen einen Anschlag auf Haus und Auto der Amtsärztin Solveig J. begangen. Laut ihrem Bekennerschreiben wollten sie damit Druck auf MedizinerInnen ausüben, die der Ausländerbehörde grünes Licht für die Abschiebung kranker Flüchtlinge geben. Elke Spanner

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