Nur CDU will Videos

Konferenz der Datenschützer verurteilt den Unionsvorschlag der flächendeckenden Videoüberwachung. SPD will Expertenanhörung

aus HannoverJÜRGEN VOGES

Der Einsatz von Videokameras im öffentlichen Raum und die Überwachung der Telekommunikation gefährden nach Auffassung der Datenschutzbeauftragten von Bund und Ländern zunehmend die Privatsphäre der Bürger. Auf ihrer 59. Konferenz in Hannover verlangten die Datenschützer gesetzliche Regelungen für beide Bereiche. Mit der Videoüberwachung im öffentlichen Raum seien „besondere Risiken für das Recht auf informationelle Selbstbestimmung verbunden“, weil diese unvermeidbar auch völlig unverdächtige Menschen treffe, heißt es in einer Entschließung der Konferenz.

Die zunehmende Videoüberwachung beeinträchtige daher die grundrechtlich garantierten Entfaltungsmöglichkeiten und das gesellschaftliche Klima eines demokratischen Gemeinwesens insgesamt. „Unsere Sorge ist, dass in der Bundesrepublik eine Überwachungs-Infrastruktur entsteht“, sagte der niedersächsische Datenschutzbeauftragte Burckhard Nedden. Die Konferenz verlangte daher, im Bundes- und den Landesdatenschutzgesetzen die Videoüberwachung restriktiv neu zu regeln. Sie müsse einer strengen Zweckbindung und einer Vorabkontrolle der Datenschutzbeauftragten unterliegen. In das Strafgesetzbuch wollen die Datenschützer einen Tatbestand „Missbrauch der Videoüberwachung“ aufgenommen sehen, der durch eine entsprechende Strafandrohung abschreckende Wirkung entfaltet. Nedden verwies dabei auf die britischen Erfahrungen, wo bereits 300.000, das heißt zehnmal mehr Überwachungssysteme als in Deutschland, im Einsatz sind und wo per Überwachungskameras gedrehte Videofilme bereits in den Handel gelangten.

Kritik an der von der Union geforderten flächendeckenden Videoüberwachung des öffentlichen Raums kommt auch aus dem Regierungslager. Der rechtspolitische Sprecher der Grünen, Volker Beck, sprach gestern von einem „orwellschen Horrorszenario“. Eine derartige Kontrolle sei „nicht nur rechtsstaatlich und datenschutzrechtlich bedenklich, sondern auch kriminalpolitisch völlig nutzlos“. Auch der SPD-Innenexperte Dieter Wiefelspütz lehnt eine flächendeckende Überwachung strikt ab. In bestimmten Situationen könne jedoch eine Videoüberwachung hilfreich sein, so Wiefelspütz gestern in Berlin. Die SPD-Bundestagsfraktion strebt nun eine Expertenanhörung vor dem Innenausschuss an.

In einer telefonischen Umfrage der RTL-Sendung „Punkt 12“ sprachen sich indes 77,5 Prozent der Befragten für eine komplette Überwachung der Innenstädte durch Kameras aus. Die Gewerkschaft der Polizei äußerte sich skeptisch: Elektronische Überwachung allein garantiere kein Mehr an Sicherheit.