: Rot-rot gegen rot-schwarze Kürzungen
■ Zum groß angekündigten Protest gegen Kürzungen im Jugendbereich kamen nur knapp ein Dutzend Jugendliche – und vornehmlich Mitglieder aus sozialistischen Jugendorganisationen
Rot-roter kleiner Widerstand formierte sich gestern gegen die rot-schwarze Bremer Jugendpolitik: Statt der großangekündigten Protestaktion gegen Kürzungen in Freizeitheimen flatterten zwei rote PDS-Schirme im Wind. Dabei hatte das Aktionsbündnis „Nix da!“ bremenweit zum Protest aufgerufen – um gemeinsam ein Freizi unter freiem Himmel aufzubauen. Ein paar Möbel wurden zwar angekarrt. Aber von den Freizi-Besuchern aus Gröpelingen, Walle oder Bremen-Nord fehlte jede Spur. Nur ein Dutzend Jugendliche, vornehmlich aus der PDS-nahen Jugendorganisation „solid“ oder der „Sozialistischen Alternative“, verteilten Flugblätter.
Dabei sind laut Protestler Tobias Helbt von „solid“ bremenweit allein vier der 19 Freizis von Schließung bedroht – wegen der Sparquote für das Sozialressort. Dass trotzdem kaum Jugendliche zum Protest kamen, findet Ianka Pigors von der „Sozialistischen Alternative“ aber nicht dramatisch: „Die leben eben sehr stadtteilbezogen und kommen nicht so schnell raus.“ Aktiv seien sie aber trotzdem: Schließlich würden gerade Unterschriften gesammelt: „Und da haben sie in wenigen Tagen schon 1.000 zusammen.“
Als „Probelauf“ für weitere Proteste werteten die beiden deshalb die gestrige Aktion – gedacht als erster Widerstand gegen Pläne aus dem Sozialressort. Gerade in dieser Woche hatte Sozialsenatorin Hilde Adolf (SPD) eine erste konkrete Giftliste vorgelegt (siehe Tabelle unten): Jedes Jahr müssen die Zuschüsse für Jugendarbeit um rund fünf Prozent gekürzt werden – hochgerechnet bis 2005 ergebe sich so eine Kürzungsquote von 25 Prozent und somit fünf Millionen Mark minus, rechnen Tobias Helbt und Ianka Pigors vor.
Die befürchteten Folgen: Zahlreiche Einrichtungen stünden vor dem Aus. Das bestätigt indirekt auch das gerade frisch vorgelegte „Anpassungskonzept für die bremische Kinder- und Jugendförderung“ aus dem Ressort. In dieser Vorlage, die die Kürzungen durch „Konzentration“ umsetzen helfen will, ist nämlich die Rede von der „Aufgabe größerer Jugendeinrichtungen“. Ziel sei daher die „Förderung von Selbstverantwortung“ junger Menschen. Jugendliche könnten Räume ja auch in „eigener Regie“ betreiben.
Aber von solchen Sparvorschlägen halten die Protestler nichts. Und auch nichts von der grünen Kritik am Sparprogramm von Jugendpolitikerin Anja Stahmann: „Die Grünen sagen doch bloß, wie man richtig sparen soll“, kritisiert Tobias Helbt – zum Beispiel könnte man die Kürzungen doch anders auffangen, findet die Grüne Stahmann: Durch Kürzen in der Verwaltung. Oder dadurch, dass die Freizis Eigenbudgets erhalten. Oder indem sie über ihre Sachmittel selbst verfügen können.
Doch solch „reformierte Kritik“ schmeckt den Jugendlichen unter ihren rot-roten Schirmen aber nicht. Sie „wollen generell keine Kürzungen, sondern zwei Millionen Mark mehr für die Jugendarbeit aus dem Investitionssonderprogramm“, sagt Ianka Pigors von der „Sozialistischen Alternative“ – auch wenn das Jugendressort für die „erheblichen Kürzungen“ ein „verlässliches kompensatorisches Potential“ schaffen und eine zehn Millionen Mark schwere Jugendstiftung einrichten will. Nein: „Wir üben fundamentale Kritik“, sagt Tobias Helbt, gleichzeitig Mitglied im PDS-Landesvorstand – und fordert, dass „Geld umverteilt wird“. Denn in die Jugend müsse investiert werden, „weil sie die Zukunft ist“, sagt er mit Blick auf den fast jugend-leeren Domshof. kat
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