: Reiseradler weit vorn
Wer seinen Urlaub in Deutschland verbringt, fährt häufig Rad.Die neuesten Erkenntnisse über Fahrradtourismus, vorgestellt auf der ITB
Die Deutschen lieben ihre Fahrräder. Besonders im Urlaub. 27 Millionen – etwa 42 Prozent aller sich erholenden Bundesbürger – kommen in den schönsten Wochen des Jahres am Velo nicht vorbei. Dies teilt der ADFC (Allgemeiner Deutscher Fahrrad-Club) in seiner Radreiseanalyse 2000 mit. Fahrrad fahren habe sich unter den beliebtesten Urlaubsaktivitäten bundesweit auf Platz drei vorgestrampelt (nach Wandern und Schwimmen). Allerdings mit der höchsten Zuwachsrate: plus 15 Prozent seit 1995.
Wirtschaftlich bedeutsam unter den Velofreunden sind vor allem diejenigen, die ihren Urlaub vorwiegend im Fahrradsattel verbringen. 1999 waren das 1,9 Millionen. Diese Zahlen, die auf eigenen Erhebungen beruhen, präsentierte der ADFC auf der am Mittwoch dieser Woche zu Ende gegangenen Internationalen Tourismus-Börse (ITB) in Berlin.
„Im Vergleich zum Fahrradtourismus sind alle Golfer, Kreuzfahrer, Inlineskater, Paraglider, Reiter und Rafter zusammengenommen eine Minderheit“, meint Frank Hofmann, stellvertretender ADFC-Bundesvorsitzender nicht ohne Stolz. Der Fahrradtourismus: eine Erfolgsstory. Eine Geschichte, an der der ADFC seit Jahren mitschreibt. Zum Beispiel mit der Herausgabe von radtouristischen Reiseführern und Radkarten für jeden Winkel dieses Landes, mit dem Nachweis von radlergerechten Unterkünften oder der Kooperation mit Pauschalradreiseanbietern.
Mittlerweile scheint auch die traditionelle Tourismusbranche gemerkt zu haben, dass man die Reiseradler nicht vorbeifahren lassen darf. So ist die zweite Auflage des ADFC-Katalogs „Deutschland per Rad entdecken“ wieder in Zusammenarbeit mit der Deutschen Zentrale für Tourismus (DZT) und dem Deutschen Tourismusverband (DTV) erschienen (siehe Kasten).
Kein Wunder: Für Radtouristen ist die Bundesrepublik immer noch ein Traumland. Ganz hoch im Kurs stehen derzeit die Bundesländer Mecklenburg-Vorpommern, Bayern und Baden-Württemberg. Die Hitliste der einzelnen Routen führt der Weserradweg an.
Egal wohin die Reise geht – die Radler lassen sich ihren Urlaub ordentlich was kosten. So haben Befragungen ergeben, dass der reisende Mensch auf dem Rad ein Urlauber de Luxe ist. Pro Tag gebe er 20 Prozent mehr aus als der Durchschnitt. Insgesamt, hat der ADFC errechnet, spüle der Radtourismus acht Milliarden Mark jährlich in die Kassen der gastronomischen Betriebe, Reiseveranstalter und anderer, die es verstehen, sich ein Stück vom Kuchen abzuschneiden. Allein im Münsterland verdienten 6.000 Menschen ihr Geld mit dem Fahrradtourismus.
Dies könnten noch mehr sein, überall in Deutschland. Man müsse den Velofreunden einfach noch mehr bieten. So ist das Radfernwegenetz zwischen Nordsee und Alpen in den letzten Jahren zwar deutlich gewachsen, aber der Zustand lasse doch häufig zu wünschen übrig. Thomas Froitzheim vom ADFC-Fachausschuss Tourismus: „Vielen der rund 40.000 Kilometer Radfernwege in Deutschland mangelt es immer noch an nutzergerechten Serviceangeboten, guter Beschilderung und marktgerechter Werbung.“ Gefordert seien jetzt nicht nur Marketingprofis, sondern auch Bund und Länder. Eine „Koordinationsstelle für ein deutschlandweites Radfernwegenetz“ müsse her.
MARCEL MANNITZKY
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