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Frauen erkunden Berlin

Die Internationale Frauenuniversität während der Expo in Hannover wird einen Abstecher nach Berlin machen. Ein Forum für die zahlreichen wissenschaftlichen und freien Frauenprojekte

von NADINE KRAFT

Berlin ist eine Frau. Dieser Eindruck entsteht jedenfalls beim Blick auf die zahlreichen frauenspezifischen Projekte der Stadt. Im Sommer werden sie rund 300 Frauen aus aller Welt anlocken. Während der Expo in Hannover wird die Internationale Frauenuniversität ifu eingerichtet. 900 Frauen aus aller Welt werden hier eine Art Aufbaustudium absolvieren. Das Qualifizierungsprogramm für Frauen, die ihr Studium bereits abgeschlossen haben oder sogar schon gestandene Wissenschaftlerinnen sind, ist ein in Deutschland bisher einzigartiges Pilotprojekt, denn Frauenuniversitäten gibt es hierzulande nicht.

Und obwohl Berlin kein offizieller ifu-Standort ist, beteiligen sich auch viele Berliner Wissenschaftlerinnen. Wenn vom 28. August bis 3. September rund ein Drittel der Studentinnen im Rahmen einer Exkursion nach Berlin kommen, warten zahlreiche Projekte und Veranstaltungen, vorbereitet von den Berlinerinnen, auf sie. Die Besucherinnen können dann nicht nur Universitäten kennen lernen, sondern auch freie Projekte.

Bisher 25 Einrichtungen stellen sich selbst vor oder haben Programme für die ifu-Studentinnen vorbereitet. Die Themenpalette reicht von hochwissenschaftlichen Seminaren bis zu erholsamen Frauennachmittagen. Historisches will beispielsweise die Zentraleinrichtung Frauenförderung der Freien Universität (FU) vermitteln: sie organisiert eine Fahrt zur Gedenkstätte Ravensbrück. Die Technische Fachhochschule macht ihrem Namen alle Ehre. Sie stellt vor allem alternative Energieformen wie Wind- und Fotovoltaikanlagen vor. Auch bei den Frauenprojekten herrscht eine bunte Mischung: Auto Feminista, eine von Frauen betriebene Autowerkstatt in Berlin-Wedding, bietet einen Kurs in Metallarbeit und das Frauen-Rockmusik-Zentrum einen Body-Percussion-Workshop.

Die Finanzierung der ifu ist gesichert. Allein das Bundesbildungsministerium steuert 6 Millionen Mark bei. Doch das Land Hessen, neben Niedersachsen Mit-Initiator der ifu, hat seine Zusagen nach dem Regierungswechsel im letzten Jahr zurückgezogen. Geld für großzügige Extras hat die ifu also nicht.

An den Erfolg der Frauenuniversität glauben dennoch alle Beteiligten. Nicht nur weil über 1.000 Frauen aus aller Welt zusammen forschen, sondern weil „alle drängenden Fragen einer Hochschulreform einfach einmal ausprobiert werden“, begeistert sich die Professorin Astrid Albrecht-Heide von der Technischen Universität Berlin (TU). Die Sozialisationsforscherin ist neben einer „internationalen“ die deutsche Dekanin des Projektbereichs Migration an der ifu. „An dieser Universität werden drängende Fragen der Wissenschaft nicht in den herkömmlichen Lehrstrukturen der Universitäten behandelt, sondern in übergreifenden Projektbereichen“, so die Professorin. Interdisziplinarität, Internationalität und Integration von Wissenschaft und Kunst lauten die Schlagwörter für die 100 Tage dauernden Frauenuniversität. Die Projektbereiche heißen Arbeit, Information, Körper, Migration, Stadt und Wasser. Läuft das Modell erfolgreich, hofft Albrecht-Heide, dass einige Erfahrungen in die verkrustete Berliner Hochschullandschaft Eingang finden. Natürlich stehen alle Veranstaltungen unter dem Blickwinkel von Frauen. Im Bereich Migration heißt das etwa, Fluchtgründe von Frauen zu untersuchen und so auf eine Veränderung der Situation hinzuarbeiten. Zwangsehe und Beschneidung von Frauen beispielsweise werden in den meisten Ländern nicht als Asylgrund anerkannt.

Karin Hausen, leitende Professorin am Zentrum für interdisziplinäre Frauen- und Geschlechterforschung der TU, will ihre Forschungen im Projektbereich Arbeit einbringen. „Ich werde der Frage nachgehen, woher die geschlechterdifferente Welt des Arbeitens kommt und warum es so schwierig ist, diese zu verändern“, erläutert sie ihr Vorhaben.

Für die Architektur-Professorin Kerstin Dörhöfer von der Hochschule der Künste stellt die Frauenuni auch eine Herausforderung an sie selbst dar. „Ich muss mich der Architektur ganz anders nähern, nicht nur bautechnisch oder kunsthistorisch, sondern auch umweltproblematisch und selbstverständlich frauenorientiert“, berichtet die Urbanistik-Fachfrau. Während der Berlin-Exkursion will die Professorin eine Führung rund um den Reichstag anbieten und dabei die männlich dominierte Architektur veranschaulichen. An die ifu will Dörhöfer aber nicht nur als Dozentin gehen. „Ich freue mich auf Austauschmöglichkeiten mit Frauen, von denen ich bisher nur Bücher kenne und die ich sehr bewundere“, so die Wissenschaftlerin. Denn unter den Studentinnen sind teils auch gestandene Professorinnen.

Damit dieser für die Wissenschaft so wichtige internationale Austausch auch nach den 100 Tagen auf der Expo weiter bestehen kann, planen die Forscherinnen eine Fortsetzung im Internet. Die Informatikerin Heidi Schelhowe betreut das Projekt virtuelle Universität von der realen Humboldt-Universität aus. „Während der ifu werden alle Projekte im virtuellen Raum erarbeitet und nach Abschluss auch hier publiziert“, erläutert Heidi Schelhowe. Und nach der ifu soll das Netz das reale Universitätsgebäude ersetzen. Dozentinnen stellen ihre Lehrveranstaltungen ins Internet, Studentinnen ihre gelösten Aufgaben. „Natürlich muss es auch wieder Treffen geben. Nur so können die Studentinnen einen Nachweis über ihr Studium erhalten“, so Schelhowe weiter. Wie genau das dann finanziert wird, ist allerdings noch fraglich.

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