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Massaker an Sikhs

Pünktlich zum Indien-Besuch des US-Präsidenten werden 36 Sikhs in Kaschmir ermordet, um auf den Konflikt aufmerksam zu machen

DELHI taz ■ Der erste Besuch eines US-Präsidenten in Indien nach 22 Jahren begann gestern mit der Nachricht, dass in einem Dorf im Tal von Kaschmir 36 Sikhs erschossen worden waren. Die Tat vom Vorabend sollte zweifellos mit der Visite von Bill Clinton zusammenfallen,um auf den Kaschmir-Konflikt aufmerksam zu machen und die USA zu einer Intervention zu drängen. Der Hergang – spätabends wurden die Männer des Dorfes Choti Singhpura südlich von Srinagar aus ihren Häusern geholt, zusammengetrieben und niedergemacht – bestärkt die Vermutung, dass das Massaker geplant worden war.

Der Sicherheitsberater der indischen Regierung bezichtigte die islamistischen Gruppen Lashkar e-Toiba und Hizbul Mujaheddin, der Tat. Sie hätten ausgenutzt, dass Dörfer wie Choti Singhpura keine besonderen Sicherheitsvorkehrungen erhalten hatten, die sonst landesweit zum Clinton-Besuch verstärkt worden waren. Denn die dort lebenden Sikhs wurden nicht als gefährdet angesehen. Die Religion der Sikhs verbindet hinduistische und islamische Elemente.

Für Indiens Regierungschef A.B.Vajpayee ist das Massaker ein weiterer Beweis für den „grenzüberschreitenden Terrorismus“ des Nachbarn Pakistan, der einer Wiederaufnahme des Dialogs entgegenstehe und der Indiens nukleare Verteidigung rechtfertige. Clinton machte Pakistan nicht direkt für die Tat verantwortlich, sagte aber, er werde sie zur Sprache bringen, wenn er am dort Samstag einen kurzen Zwischenhalt einlegt. Das Massaker überschattete die Abmachungen, die beide Staaten gestern trafen. Ein „Vision Statement“ spricht von einer „qualitativ neuen Beziehung“ zwischen Indien und den USA. Der übliche Verweis auf die gemeinsamen Ideale der beiden größten Demokratien der Welt soll nun mit Substanz gefüllt werden. Eine „umfassende Dialogarchitektur“ soll sicherstellen, dass die frühere Richtungslosigkeit der Beziehung ein Ende hat. Vorgesehen sind regelmäßige Gipfeltreffen und gemeinsame Kommissionen im Bereich der Außen- und Sicherheitspolitik und der Wirtschaft.

Die gemeinsame Vision endet bei der Frage der Atomwaffen. Die USA sind überzeugt, dass Indien diese nicht braucht, erachtet sie für sich aber als legitim. Indien dagegen beharrt auf seiner „minimalen“ nuklearen Abschreckung. Beide Länder verpflichten sich, keine Atomtests mehr durchzuführen, auf Verhandlungen zu einem Verbot von spaltbarem Material hinzuarbeiten und sich weiter strenge Exportkontrollen aufzuerlegen. Indien, so Vajpayee, verzichte zudem auf einen Ersteinsatz von Atomwaffen.

BERNARD IMHASLY

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