: Iranische Frauenzeitschriften
Im Moment erscheinen im Iran 925 Zeitungen und Zeitschriften, darunter neun Frauenzeitschriften. Einige von ihnen werden von Töchtern einstiger Revolutionsführer geleitet. Aezam Talaghnie, die Tochter des früh gestorbenen Ajatollah Talaghnie, leitet Paiame Hadjar (Die Botschaft Hadjars – der Frau Abrahams); Zahra Mostafavi wiederum ist die Tochter von Ajatollah Chomeini und Chefredakteurin der Zeitung Neda (Der Aufruf).
Letztere versucht, „die Stimme der Anführer der Revolution nicht verklingen zu lassen“, und propagiert deren Ansichten über die Rechte der Frauen. Eine ähnliche Zielsetzung verfolgen Paiame Zan (Botschaft der Frau) und die Mädchenzeitschrift Mahtab (Mondschein). Politikferne Titel wie Boresch (Der Schnitt) und Pooschesch (Die Kleidung) erscheinen nur unregelmäßig und mit sehr niedrigen Auflagen.
Zanan (Frauen) wird vor allem von den „religiösen Intellektuellen“ gelesen. Shahla Shokat, die Chefredakteurin, hat ihre journalistische Karriere in der Redaktion der populären Wochenzeitung Zane Roos (Frau von heute) angefangen. Dort wurde sie entlassen, weil sie einen Offenen Brief des Regisseurs Mohssene Makhmalbaf abgedruckt hatte. Zane Roos vertritt die Ansichten der konservativen Geistlichen. Sie berichtet über die Aktivitäten der Frauen in den Moscheen, schreibt Preise für die beste Koranleserin aus und druckt Erzählungen über Frauen, die sich glücklich fühlen, weil ihre Männer gleichzeitig mit mehreren Frauen verheiratet sind.
Hoghoghe Zanan (Die Rechte der Frauen) hingegen beschäftigt sich schwepunktmäßig mit den rechtlichen und gesetzgeberischen Aspekten der Frauenproblematik. Die technokratisch-„feministischen“ Einstellungen der hoch qualifizierten Frauen werden in der Zeitschrift Farsaneh (Die weise Frau) vertreten.
Manche der Frauenzeitschriften – etwa Neda und Paiam e Zan – zitieren die gemäßigten Geistlichen, um dem Druck der orthodoxen Islamisten etwas entgegenzusetzen, und beschränken ihre Aktivitäten auf den sozialen und islamisch-pädagogischen Bereich. Andere – wie Paiam e Hadjar – versuchen, neue Spielräume im Rahmen der traditionellen Rolle der Frauen zu schaffen. Sie entwickeln reformistische Vorschläge zur Verbesserung der gesellschaftlichen Situation der Frauen. Und schließlich gibt es Blätter wie Zanan, die ihre eigene Interpretation von islamischen Diskursen darstellen, sich mit den feministischen Einstellungen und internationalen Frauenbewegungen auseinander setzen, und die versuchen, eine neue islamische Identität für die moderne iranische Frauenbewegung herauszubilden.
Die islamistischen Frauenrechtlerinnen, die sich im Rahmen des Staates bewegen, unterstützen diese Strömmungen, solange sie „das Interesse des islamischen Staates nicht gefährden“. Sie sind als „staatliche Feministinnen“ bekannt und gehören meistens zum Familienkreis der Regierungsmänner.
Technokratisch-„feministische“ Einstellungen werden in Farzaneh vertreten. Wesentlicher Unterschied zu den Positionen der „staatlichen Feministinnen“ ist die Unabhängigkeit von der Regierung. Gleichzeitig versuchen ihre Vertreterinnen, die staatlichen Möglichkeiten in Anspruch zu nehmen und sie auf pragmatische Weise zu Gunsten der Frauen anzuwenden. Sie pflegen besonders ihre Kontakte zu internationalen Frauenbewegungen.
Die säkular orientierten Frauenrechtlerinnen haben naheliegenderweise kein eigenes Sprachrohr. Die hoch gelobte Frauensolidarität kommt ihnen aber zur Hilfe. So schreiben Mehrangiz Kar und Shirin Ebadie, die als Anwältinnen ständig mit den sozialen und rechtlichen Missständen der Frauen konfrontiert sind, Beiträge für islamische Frauenzeitschriften und stellen weit reichende rechtliche Forderungen.
FAHIMEH FARSAIE
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