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Der Feind in meiner Szene

Eine Fachtagung zeigt: Das Verhältnis von Sozialarbeitern und Polizisten hat sich verändert. Statt alten Feindbildern zu frönen, nähern sich die beiden Berufsgruppen kritisch einander an

Eine solche Tagung wäre vor zehn Jahren undenkbar gewesen. Sozialarbeiter verließen damals den Raum, wenn „die Bullen“ eintrafen. Und Polizisten wären zu einem Treffen mit Pädagogen erst gar nicht erschienen. Jetzt sitzen sie friedlich miteinander an einem Tisch. Insgesamt 250 TeilnehmerInnen – fast die Hälfte von ihnen PolizistInnen – sind am Wochenende zur Fachtagung „Sozialarbeit und Polizei zwischen Dialog und Abgrenzung“ gekommen. Es ist die erste Tagung dieser Art in Berlin. Und hier wird klar: Das Verhältnis von Pädagogen und Polizisten hat sich verändert. Die beiden Berufsgruppen bewegen sich aufeinander zu.

Andreas Haney und Thomas Mücke kennen und schätzen sich. Auch das wäre vor zehn Jahren unmöglich gewesen. Als Kriminalhauptkommissar Haney 1990 seinen Dienst bei der Operativen Gruppe Jugendgewalt in der Weddinger Pankstraße antrat, war für ihn die Welt noch klar strukturiert. Ein Haftbefehl war der Höhepunkt seiner polizeilichen Tätigkeit, Sozialarbeiter standen dabei im Weg. Der Streetworker Mücke, der heute das Jugendclubhaus Prisma leitet, wollte mit der Polizei nichts zu tun haben. Das hätte sein Vertrauensverhältnis mit den Jugendlichen zerstört.

Heute ruft Mücke die Polizei, wenn Auseinandersetzungen in seinem Jugendclubhaus eskalieren. Und Haney meldet den Sozialarbeitern, wenn ihm ein Jugendlicher aufgefallen ist. „Ein relativ abgeklärtes Verhältnis“ nennen die beiden das.

Nimmt man die Gespräche der Tagung als Maßstab, dann ist die Zeit der ideologischen Grabenkämpfe zwischen Pädagogen und Polizisten vorbei. Zwar kommen hier und dort die altbekannten – und berechtigten – Vorwürfe, dass Polizisten Obdachlose schlagen oder Prostituierte an den Stadtrand karren, dass Sozialarbeiter polizeiliche Einsätze behindern. Doch beide Gruppen scheinen erkannt zu haben, dass sie allein mit den gesellschaftlichen Problemen nicht klarkommen.

„Das liegt daran, dass sich die Situation verschärft hat, die Jugendlichen einen Zacken härter geworden sind“, sagt Renate Haustein von der Clearingstelle Jugendhilfe/Polizei, die die Tagung mitorganisiert hat. Sozialarbeiter merken, dass sie in kritischen Situationen auf polizeiliche Unterstützung angewiesen sind, die Polizei, dass Repression allein nicht hilft. Wichtig sei aber auch, hat Haustein beobachtet, dass in beiden Berufsgruppen ein Generationswechsel stattgefunden hat. Der Nachwuchs ist offener. Und so wird in der Alice-Salomon-Fachhochschule in Hellersdorf ruhig und engagiert über Konflikte, Gemeinsamkeiten und eine mögliche Kooperation diskutiert.

Felix von Ploetz arbeitet im Präventionsbus der Drogenhilfeeinrichtung Fixpunkt am Bahnhof Zoo. „Wie soll ich an die Leute rankommen, wenn die Polizei Platzverweise verteilt“, fragt er in seiner Arbeitsgruppe. „Ich finde es auch nicht sinnvoll, den Breitscheidplatz zu räumen“, antwortet eine Beamtin. „Aber wenn ich den Auftrag bekomme, dann muss ich das tun.“ Die beiden sind sich einig: Neue Absprachen in der Leitungsebene der Polizei sind notwendig. Auch den Unterschied, „ob die Beamten unseren Bus stürmen oder anklopfen, damit man Probleme mit ihnen besprechen kann“ (von Ploetz), sehen beide Seiten. Als Lösung wird ein gegenseitiger Austausch in Aus- und Fortbildung diskutiert.

Doch auch mit aufgeschlossenen Beamten bleiben Konflikte nicht aus. Schließlich haben beide Berufsgruppen höchst unterschiedliche Aufgaben. Wenn Polizisten Drogenhandel beobachten, dann müssen sie einschreiten. „Kürzlich ist einer der Täter in einen Treffpunkt der Drogenhilfe gestürmt, in die wir eigentlich ja nicht reingehen“, beschreibt eine Kreuzberger Polizistin einen solchen Konflikt. Ihre Kollegen gingen hinterher, und prompt gab es Ärger mit den Sozialarbeitern der Einrichtung.

Jürgen Schaffranek vom Drogennotdienst weiß, dass er einen solchen Einsatz nicht verhindern kann. „Hier müssen beide professionell und sozial kompetent arbeiten.“ Problematisch werde es, wenn eine der beiden Gruppen ihre Grenze überschreitet.

Das wissen auch Haney und Mücke in der Arbeitgruppe nebenan. „Ein großes Problem ist, dass Beamte immer wieder versuchen, über den persönlichen Kontakt zu uns Informationen über Jugendliche zu bekommen“, sagt Mücke, der Sozialarbeiter. Ein klarer Grenzübertritt. Haney, der Polizist, nickt. SABINE AM ORDE

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