: Schäuble rechnet ab
Der scheidende CDU-Vorsitzende geht mit Helmut Kohl hart ins Gericht. „Im Stich gelassen wäre viel zu wenig.“ Wulff ruft zum Teamgeist auf.
BERLIN/ESSEN dpa/afp ■ Wenige Tage vor dem offiziellen Machtwechsel in der CDU hat der scheidende Vorsitzende Wolfgang Schäuble mit führenden Parteifreunden massiv abgerechnet. Ohne Namen zu nennen, sprach er im Fernsehsender Phoenix im Zusammenhang mit seinem Rücktritt von Intrigen „mit kriminellen Elementen“ und spielte auf Ex-Kanzler Helmut Kohl als „Strippenzieher“ an. Er verglich die Ereignisse mit der Barschel-Affäre von 1987.
Auf die Frage, ob er sich von Kohl während der Spendenaffäre im Stich gelassen fühlte, antwortete Schäuble: „Im Stich gelassen wäre viel zu wenig!“ Das Interview ist Teil einer Dokumentation über die „Innenansichten“ des CDU-Finanzskandals. Es wird am Donnerstag ausgestrahlt .
Wirbel gab es gestern um die Information der Berliner Zeitung, die von Kohl geführte Bundesregierung habe 1990 Stasi-Abhörakten ausgewählter westdeutscher Politiker, vor allem der CDU, vernichten lassen. Dazu sagte ein Sprecher des Innenministeriums, die vor der deutschen Vereinigung in westdeutschen Besitz geratenen Abhörprotokolle der Stasi seien alle vernichtet worden – im Einvernehmen mit allen Parteien.
Auslöser sind nach Darstellung des Blattes die Aussagen desWaffenhändlers Karlheinz Schreiber aus Toronto. Zwischen der früheren CDU-Schatzmeisterin Brigitte Baumeister und Schäuble gab es einen heftigen Konflikt im Zusammenhang mit einer umstrittenen 100.000-Mark-Spende von Schreiber.
Schäuble sagte mit Blick auf diesen Vorgang gegenüber Phoenix, aus dem Gebäude der CDU/CSU-Bundestagsfraktion würden „noch immer“ hinter seinem Rücken Telefongespräche geführt. Bevor er am 16. Februar seinen Rücktritt von den Ämtern des Fraktionschefs und des Vorsitzenden bekannt gab, habe es „eine ziemlich ordentliche Intrige“ gegeben. Schäuble äußerte weiter, das „Maß, wie hier gelogen wird, wie mit Falschaussagen und Unterstellungen operiert wird“, sei ein Kampf zur Vernichtung seiner Person gewesen.
Unterdessen hat der stellvertretende CDU-Chef Christian Wulff die führenden Vertreter seiner Partei zu einem „besonderen Maß an Disziplin, Loyalität und Teamfähigkeit“ aufgerufen. Wulff sprach im SWR von „vielen Kraftfeldern“ in der CDU, die sich nach dem Rückzug Schäubles neu bildeten. Jetzt gehe es einzig darum, die Kraftfelder zusammenzuhalten.
Auch die Vorsitzende der Jungen Union, Hildegard Müller, meint, es werde zukünftig nicht ausreichen, die Finanzstrukturen der CDU zu reformieren. Es gehe vielmehr darum, die Partei zu entritualisieren. „Es wäre falsch zu glauben, wir könnten jetzt durch das Austauschen eines Kopfes das Problem lösen.“
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