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Zwang zu klaren Worten

Nach dem Besuch der UNO-Menschenrechtskommissarin in Russland kommen die EU und die USA um eine kritische Resolution zu Tschetschenien kaum herum

GENF taz ■ Die UNO-Hochkommissarin für Menschenrechte, Mary Robinson, wird heute vor der Menschenrechtskommission der Vereinten Nationen in Genf über ihre in ihrem Anliegen weitgehend gescheiterte Reise nach Russland berichten. Das bisherige Kalkül der EU und der USA, eine kritische Resolution zu Moskaus schweren Menschenrechtsletzungen in Tschetschenien lasse sich durch einen positiven Bericht Robinsons vermeiden, ist damit nicht aufgegangen. Für die verbleibenden Wochen der Kommissionssitzung bis zu den Abstimmungen über Länderresolutionen Ende April wird in Genf mit erheblichen Auseinandersetzungen zwischen den 53 Mitgliedern über eine Tschetschenien-Entschließung gerechnet.

Zum Ende ihrer fünftägigen Reise hatte Robinson Russland gestern „ernste Verletzungen der Menschenrechte“ vorgeworfen. In Tschetschenien habe sie von Zeugen und Überlebenden zahlreiche Berichte über „schwerwiegende Menschenrechtsverletzungen und Kriegsverbrechen gehört, darunter Hinrichtungen im Schnellverfahren, Vergewaltigungen, Plünderungen sowie Angriffe auf Konvois von Zivilisten.“ Zugleich verurteilte Robinson die Gewalttaten der tschetschenischen Rebellen. Außenminister Igor Iwanow wies die Kritik der UNO-Hochkommissarin gestern als „ungefragte Einmischung in innere Angelegenheiten Russlands“ zurück. Andere russische Offizielle bezichtigen Robinson der „Lüge“.

In einer von ihrem Genfer Büro verteilten Erklärung forderte Robinson die Bildung einer „von den russischen Behörden unabhängigen nationalen Kommission“ zur Untersuchung von Menschenrechtsverletzungen in Tschetschenien. Diese Forderung unterstützte gestern UN-Generalsekretär Annan vor der Menschenrechtskommission.

Die EU-Staaten und die USA hatten seit Beginn der Kommissionssitzung vor zwei Wochen erklärt, wenn Robinsons Russland-Reise erfolgreich verlaufe und sie verbindliche Kooperationszusagen zur Untersuchung und Ahndung von Menschenrechtsverletzungen erhalte, würden sie auf die Einbringung einer Russland-kritischen Resolution verzichten. Diese Linie dürfte sich kaum noch aufrechterhalten lassen.

Druck für die Einbringung einer Resolution kommt von einigen islamischen Mitgliedern der Kommission. Allerdings ist die Organisation der 53 islamischen Staaten gespalten. Das Ergebnis einer eventuellen Abstimmung über einen Resolutionsantrag gilt unter Genfer UNO-Diplomaten als völlig offen.

ANDREAS ZUMACH

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