: kurzinterview mit ex-ministerpräsident haris silajdzic
„Wer Frieden in der Region will, muss endlich handeln“
taz: Herr Silajdžić, 1995 haben Sie das Dayton-Abkommen gebilligt. Warum fordern Sie jetzt vehement eine Revision?
Haris Silajdžić: Es ging damals darum, in Bosnien endlich das Töten zu beenden. Nach 1996 mussten wir erleben, dass wesentliche Bestimmungen des Abkommens nicht umgesetzt wurden. Nach wie vor wird die Rückkehr der Vertriebenen blockiert. Einige Politiker der Republika Srpska legen bei jeder Gesetzesinitiative ihr Veto ein. Bei dem jetzigen Tempo werden wir noch 20 Jahre warten müssen, bis die Vertriebenen zurückkehren können. Dann sind auch die in Den Haag als Kriegsverbrecher Verurteilten zurück.
Die internationalen Institutionen unterstützen Ihre Forderungen nicht gerade enthusiastisch ...
Wer Frieden in der Region will, muss endlich handeln. Wir müssen zum Beispiel das Wahlgesetz verändern, bei dem noch das ethnische Prinzip eine Rolle spielt. Wir wollen ein Wahlgesetz nach den Standards, die sonst überall im demokratischen Europa gültig sind. Wir schlagen eine Verfassungsreform vor, ein Kantonsmodell mit einer einzigen Zentralregierung. Der Hohe Repräsentant soll die volle Macht in Bosnien-Herzegowina übernehmen und einen Zeitplan für den demokratischen Neuanfang erstellen.
Interview: ERICH RATHFELDER/FOTO: AP
Haris Silajdžić war bis Januar Präsident des Ministerrats des Landes.
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