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Berliner Banker blicken gen Osten

Die Bankgesellschaft Berlin übernimmt die tschechische Zivnostenska Banka. Das Geschäftsergebnis hat sich nach dürren Jahren verbessert. Die gescheiterten Plattenbausanierungen der Firma Aubis führen jedoch zu Millionenverlusten

von RICHARD ROTHER

Die Bankgesellschaft Berlin blickt nach schwierigen Jahren wieder etwas gelassener in die Zukunft. 1999 habe sich das Ergebnis deutlich verbessert, sagte Bankchef Wolfgang Rupf gestern bei der Vorstellung der Jahresbilanz. So erhöhte der Konzern seinen Vorsteuergewinn um 90 Prozent auf 439 Millionen Euro (rund 880 Millionen Mark). Der Konzern, dem unter anderem die Berliner Bank, die Berliner Sparkasse und die Berlin Hyp angehören, werde in Zukunft sogar „vorsichtig expandieren“, so Rupf.

Dabei haben die Berliner insbesondere Polen und Tschechien im Auge. Mittelfristig erwarten sie lukrative Finanzierungsgeschäfte, unter anderem bei dem von der EU forcierten Ausbau der Infrastruktur. Einen Fuß in der Tür haben die Berliner schon in Tschechien: Der Berliner Konzern, in dem öffentliche und privatrechtliche Unternehmen unter einem Dach wirken, hat gestern die Mehrheit an der tschechischen Živnostenská Banka übernommen.

Im Inland hat die 1998 begonnene Neustrukturierung zum Abstoßen von Geschäftsfeldern geführt. Man habe sich von dem Geschäft mit kleinen und mittleren Firmen außerhalb der Region getrennt, so Rupf. Künftig wolle sich die Bank auf den Kernmarkt Berlin und Brandenburg konzentrieren.

Allerdings sind die Banker auch hier nicht vor bösen Überraschungen gefeit. In der Affäre um den Immobilieninvestor Aubis habe man Wertberichtigungen in Höhe eines zweistelligen Millionenbetrages vornehmen müssen, räumte Rupf ein. Aubis hatte Mitte der Neunzigerjahre rund 16.000 Plattenbauwohnungenaufgekauft, um sie nach der Sanierung an die Mieter weiterzuverkaufen. Das Konzept ging jedoch nicht auf – Sanierung und Verkauf der Aubis-Wohnungen gerieten in Gefahr und damit auch die Bedienung der Kredite bei der Berlin Hyp. Anfang des Jahres musste Berlin-Hyp- und CDU-Fraktions-Chef Klaus Landowsky die Notbremse ziehen und die Aubis-Wohnungen an der Bank nahe stehende Gesellschaften übertragen.

Solche und andere risikoreiche Geschäfte belasten das Ergebnis der Bankgesellschaft. Zwar ist die Risiko-Vorsorge im vergangenen Jahr um 42 Prozent auf 504 Millionen Euro zurückgefahren worden – diese sei aber immer noch zu hoch, betonte Bankchef Rupf. Nach wie vor macht das Geschäftsfeld Immobilien den Löwenanteil bei der Kreditvorsorge aus. Im vergangenen Jahr mussten immerhin 280 Millionen Euro für risikoreiche Immobiliengeschäfte auf die hohe Kante gelegt werden.

Größere Umstellungen haben mittelfristig die Privatkunden der Institute der Bankgesellschaft, allen voran die Berliner Sparkasse, zu erwarten. In fünf bis zehn Jahren würden die meisten Überweisungen und Ähnliches per Homebanking erledigt, prognostizierte Rupf. Die Mitarbeiter in den Filialen würden dann hauptsächlich Beratungsfunktionen übernehmen. Das könne zu einer Ausdünnung des Filialnetzes führen. 1999 war die Zahl der Mitarbeiter im Konzern mit rund 16.500 noch konstant geblieben.

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