: Kommission für den Kaukasus
Unabhängiges russisches Gremium soll Verbrechen in Tschetschenien untersuchen. Besuch von Präsident Putin in London von Protesten begleitet
MOSKAU/LONDON afp/dpa ■ In Russland ist eine unabhängige Kommission ins Leben gerufen worden, die in Tschetschenien begangene Verbrechen untersuchen soll. Ziel sei es, der Gesellschaft ein objektives Bild der Lage in der Kaukasusrepublik zu vermitteln, sagte gestern Kommissionsmitglied Pawel Krascheninnikow, Abgeordneter der Union der Rechten Kräfte.
Die Tschetschenien-Kommission wolle mit russischen und internationalen Menschenrechtsgruppen zusammenarbeiten, betonte Krascheninnikow. Keineswegs wird es der Kommission jedoch nur um die mutmaßlichen Menschenrechtsverletzungen der russischen Soldaten in Tschetschenien gehen, ergänzte dazu der russische Menschenrechtsbeauftragte für Tschetschenien, Wladimir Kalamanow. Kommissionsmitglieder wollen aber versuchen, den tschetschenischen Präsidenten Aslan Maskhadow zu treffen.
Dass es zu Maskhadow bereits Kontakte gibt, bestätigte der russische Außenminister Igor Iwanow gestern erstmals offiziell. „Die Etappe der politischen Konfliktregelung hat begonnen“, sagte Iwanow dem US-Nachrichtensender CNN.
Der britische Anwalt Gareth Peirce hat unterdessen beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte für eine Tschetschenin Klage wegen Folter und Mordes eingereicht. Die Krankenschwester Sasita Chasujewa wurde nach eigenen Angaben von russischen Soldaten verschleppt und sexuell missbraucht.
Russlands Glaubwürdigkeit stehe auf dem Spiel, wenn es sich dazu nicht äußere, sagte Peirce gestern zeitgleich mit dem Eintreffen des russischen Präsidenten Putin in London. Dieser besuchte als erster westlicher Regierungschef den britischen Premier Tony Blair – begleitet von Protesten. Die zahlreichen Demonstranten vor der Downing Street in London warfen Putin vor allem Menschenrechtsverletzungen in Tschetschenien vor. Blair rechtfertigte seine Einladung an Putin damit, dass Russland der wichtigste Handelspartner der Europäischen Union sei. Auch Putin betonte die wirtschaftlichen Interessen und forderte britische Unternehmen auf, verstärkt in Russland zu investieren.
Die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch forderte Blair auf, er solle Putin mit rechtlichen Schritten beim Europäischen Menschenrechtsgerichtshof drohen. Amnesty international verlangte, der Premierminister solle den Präsidenten unter Druck setzen, eine Untersuchung der Kriegsverbrechen durch die UNO zuzulassen.
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