: Kein Inselurlaub für Neonazis
Erneuter rechter Anschlag auf IG Metall, diesmal in Pinneberg ■ Von Peter Müller und Andreas Speit
Mehrere Gewerkschaften haben vom rot-grünen Hamburger Senat und der rot-grünen schleswig-holsteinischen Landesregierung ein Verbot militanter Neonazigruppen gefordert. Hintergrund sind die Morddrohungen gegen den Elmshorner IG Metall-Chef Uwe Zabel und der Anschlag auf das IG Metall-Büro in Pinneberg. Unbekannte hatten gestern nacht die Scheiben der „Personalentwickungsgesellschaft Pinneberg“ eingeschlagen, in deren Räumen erst am Samstag die Elmshorner IG Metall ihre Pinneberger Nebenstelle eingerichtet hatte. Einer Polizeistreife war bei einer Patrouillenfahrt im Rahmen des angeordneten Objektschutzes das zerdepperte Glas aufgefalllen.
Grund des Anschlages ist die bei der Eröffnung verkündete Ausweitung des Bündnisses „Keine Toleranz für Neonazis in Elmshorn“ auf die Region Pinneberg. „Ein Bekennerschreiben gibt es aber nicht“, so die Itzehoer Staatschützerin Sigrun Schümann.
Die IG Metall, die derzeit als einer der Motoren der Kampagne „Faschimus ist keine Meinung, sondern ein Verbrechen“ gilt, ist bereits mehrfach ins Visier von Neonazis geraten. Für Zabel ist Personenschutz vom Kieler Landeskriminalamt angeordnet worden, die Frankfurter IG Metall-Zentrale hat überdies private Schutzmaßnahmen geordert. Am Freitag hatten Neonazis, die im Umfeld des Hamburger Sturms vermutet werden, Morddrohungen gegen Zabel ausgestoßen. „Die Ermittlungen laufen“, so Schümann, „langsam sind aber andere am Zuge.“ Bislang tat sich die Itzehoer Staatsanwaltschaft nach taz-Informationen schwer, bei der Verfolgung rechter Straftäter alle Register zu ziehen.
Die IG Metall Küste, der DGB-Kreis Unterelbe und die Dienstleistungsgewerkschaft ver.di verlangen nun „entschiedenes Handeln“. Dazu gehört auch ein Verbot der bekannten gewalttätigen Neonazigruppen“, erklärte gestern IG Metall-Bezirksleiter Frank Teichmüller. Gemeint seien „Hamburger Sturm“, „Flensburger Sturm“, „Freie Nationalisten“ und das „Aktionsbüro Norddeutschland“.
Das Oberverwaltungsgericht (OVG) Schleswig hat gestern das Verbot des als Gedenkkundgebung für den Nazi-Revisionisten Thies Christophersen deklarierten Aufmarsches des „Volksbundes Deutsches Reich“ am heutigen Hitlergeburtstag auf der Insel Föhr bestätigt. Das Verwaltungsgericht hatte das Verbot tags zuvor aufgehoben. Das OVG hält es für fraglich, so Sprecher Manfred Vosswinkel, dass der Veranstaltungsleiter „auf die Einhaltung der Gesetze hinwirken“ werde. So sollte ein wegen Volksverhetzung vorbestrafter „Ritterkreuzträger“ auftreten. Dem „Volksbund“ waren nach dem Verbot der „Deutschnationalen Partei“ 1995 viele militante Nazis beigetreten.
Auch das Lüneburger Verwaltungsgericht muss sich mit einem rechten Aufmarsch beschäftigen: Gegen das Verbot einer Neonazi-Veranstaltung am Samstag in Tostedt ist Klage erhoben worden.
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