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Immer noch Auswirkungen des Tschernobyl-GAUs

UN-Bericht: Gesundheitsschäden können sich bei sieben Millionen Betroffenen noch zeigen. Ein krebskranker Franzose verklagt Ex-Minister wegen mangelnder Schutzvorkehrungen. Unterschriftenkampagne für volle Haftpflicht deutscher AKWs angelaufen

BERLIN taz/ap ■ Eine volle Haftpflichtversicherung für deutsche Atomkraftwerke fordern Ärzte, Richter und Naturschützer anlässlich des 14. Jahrestags der Reaktorkatastrophe in Tschernobyl. Die Internationale Ärzteorganisation IPPNW, die Neue Richtervereinigung NRV und der Bund für Umwelt und Naturschutz BUND starteten gestern in Berlin eine bundesweite Unterschriftenkampagne. Gleichzeitig fordern die Umweltverbände BBU, BUND, Greenpeace und Nabu einen schnellen Atomausstieg.

Die deutschen Atomkraftwerke seien im Falle eines Super-GAUs wie in Tschernobyl völlig unterversichert, sagten die Initiatoren der Unterschriftenaktion. Nach dem Atomgesetz von 1995 sind Schäden, die durch einen Reaktorunfall auftreten können, bis zu einer Höhe von einer Milliarde Mark abgedeckt, der Betreiber trägt davon aber lediglich 500 Millionen Mark. Offizielle Studien bezifferten aber laut IPPNW mögliche Schäden auf 10 Billionen Mark. „Der Staat darf die Betreiber nicht subventionieren, indem er sie von jeglicher Haftung im Schadensfall freispricht“, sagte Ellis Huber vom IPPNW-Vorstand.

Währenddessen kündigte die ukrainische Regierung an, dass der noch arbeitende Reaktor des Atomkraftwerkes in Tschernobyl geschlossen werden soll – ein Datum nannte Ministerpräsident Wiktor Juschtschenko aber nicht. Die Regierung macht die Abschaltung von westlichen Hilfen abhängig.

Das Ausmaß der gesundheitlichen Schäden, die die Katastrophe verursachte, ist bis heute nicht abschätzbar. Nach dem jüngsten UN-Bericht könnten sich diese bei den betroffenen sieben Millionen Menschen erst noch zeigen. Die radioaktive Belastung nach dem 26. April 1986 sei mindestens hundertfach höher gewesen als die Strahlung nach den Atombombenabwürfen auf Hiroschima und Nagasaki. Die Zahl der Betroffenen und das Ausmaß der Schäden sei frühestens nach 30 Jahren abschätzbar. Währenddessen haben laut UN-Generalsekretär Kofi Annan viele Hilfsprojekte für Tschernobyl-Geschädigte aus Geldmangel aufgegeben werden müssen.

In Frankreich reichte, ebenfalls zum Jahrestag, der 31-jährige krebskranke Franzose Yohann Van Waeyenberghe aus Reims Klage gegen sechs Ex-Minister ein. Diese hätten es versäumt, während der Reaktorkatastrophe Schutzmaßnahmen einzuleiten, wie es andere Länder, darunter Deutschland, getan hätten. Van Waeyenberghe, der an Schilddrüsenkrebs erkrankt ist, stützt sich dabei auf medizinische Gutachten, die seine Erkrankung mit Tschernobyl in Verbindung bringen. Der französische Gerichtshof prüft derzeit die Zulässigkeit der Klage. MAIKE RADEMAKER

Weitere Infos zur Kampagne und zu Tschernobyl: www.atomhaftpflicht.de und www.umweltinstitut.org/frames/all/m77.htm

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