: Kampfansage an braunen Mob
Über 20 Gewerkschafts-Chefs fordern von Landesregierungen Verbot militanter Neonazigruppen in Norddeutschland ■ Von Peter Müller
Die DGB-Gewerkschaften im Norden machen nun gemeinsam gegen Neonazis mobil. Das Verbot militanter Neonazigruppen haben gestern über 20 Gewerkschaftsvorsitzende aus der Region gefordert. Sie sind ErstunterzeichnerInnen der Unterschriftenkampagne „Faschismus ist keine Meinung, sondern ein Verbrechen! Wehrt Euch – jetzt!“. In dem Aufruf heißt es unter anderem, „die Gewalt der Neonazis im Norden hat ein unerträgliches Ausmaß erreicht“.
Zu den Erstunterzeichnern gehören neben dem DGB-Nordchef Peter Deutschland, IG Metall-Bezirksleiter Frank Teichmüller und HBV-Landeschef Hinrich Feddersen auch Hamburgs DGB-Vorsitzzender und SPD-Bürgerschaftsabgeordneter Erhard Pummm und der Landeschef der Gewerkschaft der Polizei, Konrad Freiberg.
Anlässe sind die Morddrohungen gegen den Elmshorner IG Metall-Chef Uwe Zabel, die Internetfahndung gegen den Bergedorfer DGB-Ortskartellchef Dieter Born und die Anschläge auf IG Metall-Büros in Elmshorn und Pinneberg (taz berichtete mehrfach). Nach Auffassung der Gewerkschaften belegen die jüngsten Zahlen des Bundesamtes für Verfassungsschutz (VS) den bundesweiten Terror der Neonazi, deren ideologische Drahtzieher im Norden sitzen. 11.049 Straftaten, ein Toter, 13 versuchte Tötungen, 630 Körperverletzungen und 35 Brandstiftungen lautet die VS-Bilanz. „In manchen Bundesländern werden inzwischen Dörfer von dem braunen Mob terrorisiert,“ stellen die GewerkschafterInnen entsetzt fest. Der Brandanschlag auf die Synagoge in Erfurt sei nun der „traurige Höhepunkt“.
Die Unterzeichner erwarten daher vor allem von den rot-grün regierten Ländern Hamburg und Schleswig-Holstein sowie von Niedersachsen (rot) und Mecklenburg-Vorpommern (doppelrot) – wo der Hamburger Neonazi-Führer Thomas Wulff gerade ein rechtes Schulungszentrum aufbaut – hartes Durchgreifen. „Zum Beispiel ein Verbot von Aufmärschen: Dazu gehört auch ein Verbot aller bekannten gewalttätigigen Neonazigruppen und ihrer Dachorganisationen“. Gemeint ist vor allem das Netzwerk der „Freien Kameradschaften“ um das „Aktionsbüro Norddeutschland“ sowie der Kampftrupp „Hamburger Sturm“ oder der Neumünsteraner Rechtsrock-Rekrutierungstreff „Club 88“. Neonazigruppen müssen nicht vom Bundesverfassungsgericht, sondern können von Länderregierungen verboten werden.
Daher gerät Hamburg, wo sich das „Aktionsbüro“ befindet und der „Hamburger Sturm“ seinen Sitz hat, zunehmend unter Druck. Innenbehördensprecherin Susanne Fischer blieb auf Nachfrage wortkarg: „Dazu geben wir keine Auskunft.“ Und auch Hamburgs VS-Chef Reinhard Wagner gibt sich bedeckt: „Der Verfassungsschutz ist nicht für Verbote zuständig und denkt darüber auch nicht laut nach.“
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