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Reif für die Insel

„Almauftrieb“ auf den Halligen: Sorge um die Pensionsviehwirtschaft  ■ Von Heike Wells

Neben Menschen und Fahrzeugen hatte die Zehn-Uhr-Fähre vom Hafen Schlüttsiel nach Hooge ges-tern auch vierbeinige Sommergäste an Bord: In diesen Tagen werden Rinder zu den nordfriesischen Halligen gebracht und bis zum Herbst dort „in Pension“ bleiben. „Almauftrieb“ nennt man das bei der Wyker Dampfschiffs-Reederei in Wyk auf Föhr spaßeshalber. Aber zum Lachen ist den Halligbauern immer weniger zumute bei diesem Thema. Denn es wird schwieriger, Pensionsvieh für die Halligen zu gewinnen. Damit droht eine Erwerbsquelle der Halligleute zu versiegen.

Ein System könnte dabei aus dem Gleichgewicht geraten, das seit Jahren für wirtschaftliche Stabilität auf diesen kleinen Eilanden weit draußen im Wattenmeer sorgt. Denn Landwirtschaft, Küstenschutz und Tourismus bilden hier die drei Standbeine. Jedes für sich ist lebenswichtig für die Halligleute: der Küstenschutz für den Erhalt ihres Lebensraumes, der Tourismus als Ausgleich für in der Fischerei und der ohnehin seit langem rückläufigen Landwirtschaft verloren gehende Einkommen.

Die wirtschaftliche Bedeutung der Landwirtschaft in diesem Zusammenspiel ist zwar zurückgegangen und ihr Anteil am Gesamteinkommen der Halligbewohner stark gesunken. Aber die Beweidung des Halliglandes ist nicht nur ein Einnahmefaktor, sondern auch entscheidend für die Bewahrung der Halligen.

„Die Halligen müssen bewirtschaftet bleiben“, betont der Bürgermeister von Hooge, Otto Dell Missier. Die grasfressenden Tiere tragen zur Oberflächenfestigkeit des Bodens bei, halten den Kräuterbewuchs zurück und damit die Grasnarbe stabil. Darum sei die Weidewirtschaft „sowohl aus ökologischer Sicht als auch aus Küs-tenschutzgründen wichtig für die Halligen“, betont Hans-Otto Feske vom Amt für ländliche Räume in der Kreisstadt Husum.

Gefahr droht nun durch den schnellen Strukturwandel der Landwirtschaft in der gesamten Region: Den Bauern auf dem Festland stünden zunehmend mehr und günstigere Flächen zur Verfügung, erläutert Feske. Sie haben also keinen Grund mehr, ihr Vieh auf die Halligen in Pension zu geben: „Das ist schließlich aufwendig, und der Transport kostet Geld.“

Durch Preisnachlässe versuchten die Halligbauern, dem zu begegnen. Noch seien in diesem Jahr etwa ebenso viele Tiere für die Sommerfrische auf den Halligen angemeldet, nämlich etwa 750. „Aber die Halligbauern“, weiß Feske, „müssen sich schon ganz schön anstrengen, das Vieh heranzubekommen.“

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