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Erstes Bürgerbegehren siegreich

Pläne für Bergedorfer Bahnhofsvorplatz mit deutlicher Mehrheit abgelehnt. Stadtentwicklungssenator Maier „respektiert“ das Votum  ■ Von Gernot Knödler

Christine Steinert stand die Niederlage ins Gesicht geschrieben. Mit gramvoll versteinerter Miene blickte die SPD-Bezirksamtsleiterin gestern Mittag in den Spiegel-saal des Bergedorfer Rathauses, als das Ergebnis des ersten Hamburger Bürgerentscheides verkündet wurde: Mit 58,6 Prozent der abgegebenen Stimmen schlossen sich die BergedorferInnen dem Protest der Bürgerinitiative an. Sie wollen nicht, dass der Bahnhofsvorplatz nach den Plänen des Baukonzerns Hochtief zugebaut wird.

Gut 40 Prozent der knapp 84.000 abstimmungsberechtigten BergedorferInnen hatten ihr Votum abgegeben. Für die Vorlage des Bürgerbegehrens stimmten 59,7 Prozent, 37,3 dagegen. Für die Vorlage der Bezirksversammlung votierten 44,4 Prozent und 53,3 dagegen. Bei der Stichfrage, die beide Vorlagen noch einmal alternativ zur Wahl stellte, hießen schließlich nur 39,7 Prozent die Vorlage der Bezirksversammlung gut.

„Ich respektiere das Votum der Bürgerinnen und Bürger in Bergedorf, die den Bürgerentscheid unterstützt haben“, kommentierte Stadtentwicklungssenator Willfried Maier (GAL) das Ergebnis. Er werde so schnell wie möglich den Dialog mit allen Beteiligten wieder aufnehmen. Dabei sei „insbesondere die erfolgreiche Bürgerinitiative gefordert, ihre Vorstellungen für eine konsensfähige Entwicklung des Zentrums zu formulieren“.

„Gegen alle, die in Bergedorf seit 50 Jahren das Sagen haben, sind wir angetreten, und wir hatten Erfolg“, frohlockte Hartmut Falkenberg von der Bürgerini bei einer improvisierten Anschluss-Pressekonferenz. Die Ini und ihre Verbündeten erwarten nun vom Senat, dass er die Pläne des Investors Hochtief zurückweise.

Nach den Vorstellungen der Ini soll schnell ein Runder Tisch gebildet werden, an dem VertreterInnen der Bürger, der Verbände, Parteien und der Verwaltung gleichberechtigt ein Leitbild für Bergedorf entwickeln sollen, „möglichst professionell moderiert“.

Daraus abgeleitet würde ein städtebauliches Konzept und ein Verkehrskonzept entwickelt und auf dieser Grundlage ein Investor beauftragt – „möglicherweise Engel und Völkers“, wie die Ini schreibt. Engel und Völkers hatten bei der Anhandgabe gegenüber Hochtief den Kürzeren gezogen.

Christine Steinert bekräftigte, sie halte ihre Enscheidung für Hochtief nach wie vor für richtig. „Wir haben in der Vergangenheit gelernt, dass der passende Investor nicht zu dem Zeitpunkt vor der Tür steht, an dem man ihn braucht“, warnte sie. Zur Wiederwahl als Bezirksamtsleiterin will sie im nächsten Jahr nicht mehr antreten. Der Bürgerentscheid habe mit diesem Entschluss aber nichts zu tun.

Zum nächsten Bürgerentscheid könnte es im Bezirk Nord kommen. Dort haben Bezirksversammlung und Ini noch bis zum 21. Mai Zeit, sich über die geplante Bebauung eines Schulhofes zu einigen.

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