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Debakel für Labour

Die Partei von Premier Tony Blair bricht bei den Kommunalwahlen ein. Erwartungsgemäß wird Ken Livingstone Bürgermeister von London

DUBLIN taz ■ Niederlagen auf der ganzen Linie: Die britische Labour Party verlor am Donnerstag bei den Kommunalwahlen fast 600 Sitze, bei einer Unterhaus-Nachwahl in Romsey und bei den Londoner Bürgermeisterwahlen kamen die Labour-Kandidaten sogar nur auf den dritten Platz.

Londons erster gewählter Bürgermeister wurde, wie erwartet, Ken Livingstone, der im Februar aus der Labour Party ausgeschlossen worden war, als er seine Kandidatur gegen Labour-Bewerber Frank Dobson erklärte. Der hatte die Nominierung nur gewonnen, weil die Labour-Führung das Wahlverfahren kräftig manipuliert hatte. Premier Tony Blair wollte unter allen Umständen Livingstone als Bürgermeister verhindern, da der wie kein anderer „Old Labour“ verkörpert. So war das Ergebnis vom Donnerstag auch eine persönliche Niederlage für Blair.

Livingstone sagte gestern: „Es ist wundervoll. Ich wünsche mir jetzt eine breite Koalition aller Parteien für London.“ Die Tories gewannen acht Direktmandate für den Londoner Rat, die restlichen sechs gingen an Labour. Blair sagte, es müsse gewährleistet werden, dass „dieses Ergebnis für London funktioniert“. Er lobte Dobson, der hinter dem Tory-Kandidaten Steve Norris auf dem enttäuschenden dritten Platz landete, als „würdigen Kandidaten“. Doch hinter den Kulissen hat die Suche nach einem Sündenbock für das Debakel begonnen.

Bei den Tories herrschte gestern dagegen Hochstimmung. Sie hatten bei den Kommunalwahlen, bei denen die Beteiligung allerdings nur 30 Prozent betrug, fast 600 Sitze hinzu gewonnen – ihr bestes Ergebnis seit acht Jahren. Dabei hatten sie nur 400 neue Sitze angepeilt, um von einer Genesung nach den verheerenden Wahlniederlagen der vergangenen Jahre sprechen zu können. Entsprechend froh war Tory-Chef William Hague: „Ich bin überglücklich“, sagte er. „Wir müssen jetzt ausgiebig feiern.“

Dazu gebe es keinen Grund, meinte Charles Kennedy, der Chef der Liberalen Demokraten. Sandra Gridley, die Kandidatin seiner Partei, hatte den Tories bei einer Unterhaus-Nachwahl in Romsey den sicher geglaubten Sitz weggeschnappt. Der Labour-Kandidat erhielt so wenige Stimmen, dass er nicht einmal die Wahlgebühr erstattet bekommt.

„Dieser Sieg überschattet den Tory-Erfolg bei den Kommunalwahlen vollkommen“, sagte Kennedy. „Das ist ein sensationelles Ergebnis. Hagues Parteiführung und seine Wahltaktik liegen in Trümmern. Für uns ist das eine glänzende Ausgangsposition für die Parlamentswahlen 2001.“RALF SOTSCHECK

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