KRITIKER IM FADENKREUZ GEMÄSSIGTER UND EXTREMER NATIONALISTEN: Arbeitsteilung auf Baskisch
José Luis López, Kolumnist der spanischen Tageszeitung El Mundo, ist tot. Die baskische Separatistengruppe ETA hat ihre Drohungen wahr gemacht und einen „schreibenden Feind des Baskenlandes“ erschossen. Seit Jahren kleben radikale Jugendliche Fotos von unliebsamen Berichterstattern – mit einem Fadenkreuz auf der Stirn. Immer wieder kommt es zu Demonstrationen vor den Wohnungen nationalismuskritischer Journalisten. Brandanschläge auf ihre Wohnungen gehören zur Tagesordnung. Und ETA debatiert seit längerem, ob Reporter, die dennoch nicht schweigen, zum Anschlagsziel gemacht werden sollen.
Dass ETA gerade jetzt Ernst machte, ist kein Zufall. Seit Ende des 14-monatigen Waffenstillstandes haben sich nicht nur die Separatisten radikalisiert, sondern auch die gemäßigten Nationalisten, die in der spanischen Nordregion regieren. Anstatt einzugestehen, dass das Experiment eines Friedens durch Annährung an ETA kläglich gescheitert ist, schießen sie sich auf kritische Stimmen aus Politik und Medien ein. „Die Presse in Madrid bereitet einen 18. Juli vor“, wettert etwa der Chef der größten baskische Regierungspartei PNV, Xavier Arzalluz. An jenem Tag im Jahre 1936 erhoben sich die Truppen unter General Franco und beseitigten die verfassungsmäßige Ordnung und damit die erste Autonomie des Baskenlandes. In seiner Rede auf einem Meeting nannte Arzalluz mehrere Journalisten und Medien, die sich seiner Ansicht nach gegen das Baskenland verschwören, beim Namen. Zwei der Angesprochenen haben mittlerweile Briefbomben erhalten, die aber entschärft werden konnten. López von El Mundo, gegen die der PNV-Chef besonders losgezogen hatte, wurde jetzt ermordet.
Alle Opfer hatten immer wieder darauf verwiesen, dass diejenigen, die für die Unabhängigkeit des Baskenlandes eintreten, in der Minderzahl sind. Arzalluz dagegen bleibt dabei: „Ohne Einwanderer hätten wir schon längst die Unabhängigkeit.“ Und die Jugendorganisation von EA, des Koalitionspartners der PNV, fordert gar einen bereinigten Wahlzensus. Die „gemäßigten Nationalisten“ geben die Linie vor. ETA drückt ab. Im Baskenland riecht es nicht nur, es stinkt ganz gewaltig nach ethnischer und politischer Säuberung. REINER WANDLER
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