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Viel besser als sein Ruf

Karens KochKunst – die Serie der taz hamburg für GenießerInnen. Teil 43: Tofu – eines der allergesündesten Lebensmittel  ■ Von Karen Schulz

Mal ehrlich: Wie viele Menschen denken beim Stichwort Tofu an Genuss? Nicht allzu viele – leider, denn dieses wegen seiner Herstellungsweise oft auch als „Sojaquark“ titulierte Lebensmittel ist viel besser als sein Ruf. Immerhin gehört die Ausgangssubstanz, die Sojabohne, zu den gesündesten Lebensmittel unseres Planeten, und so enthält Tofu beispielsweise alle acht essentiellen Aminosäuren und kann zu 95 Prozent vom Körper verwertet werden.

Auch beim Tofu ist es jedoch mittlerweile wichtig, welche Produkte man kauft: Die Lebensmittelindustrie hat auch hier die Hände im Spiel und vorrangiges Interesse an möglichst großem Gewinn. Das war nicht immer so, wie Andrea und Christian Nagel von der Ellerbeker Tofumanufaktur Nagel erklären: Die beiden haben in Sachen Tofu in Hamburg und Norddeutschland Pionierarbeit geleistet, seit sie 1984 in einem Hinterhof in Altona eine der ersten Tofureien Deutschlands gründeten – und für die Produktion von 30 kg pro Woche ein Verkaufsnetz erst noch aufbauen mussten. Mit Tschernobyl stieg die Nachfrage, heute produzieren Nagels 2,5 Tonnen Tofu pro Woche – allerdings nicht mehr in Hamburg: Seit vergangenem Sommer stammt der Tofu aus einer Manufaktur am Rhein.

Den Produkten hat dies nicht geschadet: Noch immer werden dort kanadische Sojabohnen, die nach der EU-Bioverordnung kontrolliert und daher gentechnikfrei sind, nach dem traditionellen Verfahren verarbeitet: Die getrockneten Bohnen werden in reinem Quellwasser eingeweicht, zu feinem Sojabrei gemahlen und für etwa zehn Minuten bei ca. 100° C gekocht. Dies schließt Toxine und Purine auf und macht die Bohnen verdaulicher.

Nun wird die entstandene Sojamilch von den Faserstoffen, dem sog. Okara getrennt, das als Tierfutter verwendet wird. Zum Gerinnen wird der Sojamilch Nigari, ein Meersalzauszug zugesetzt: Tofu und Molke trennen sich, die Molke wird entfernt und kann u. a. zur Erhöhung der Bioaktivität in Klärwerke eingebracht werden. Der Tofu hingegen wird gepresst, in Portionen geschnitten, von Molke-resten befreit und verpackt. In dieser Form steht Naturtofu für eine Vielzahl an Rezepten bereit, die von herzhaft marinierten Varianten (siehe Rezept) über Süßspeisen bis hin zu Kuchenrezepten reichen – und meist einfach köstlich schmecken. Doch wurde Tofu mit dem Trend zur Biokost als Fleischersatz für VegetarierInnen entdeckt – und hat so für den schlechten Ruf dieses gesunden asiatischen Lebensmittels gesorgt, steht er doch seither in allen erdenklichen Formen als Würstchen, Schnitzel oder Specksurrogat zur Verfügung, ohne das suggerierte Aroma 1:1 abzubilden.

Über Geschmack lässt sich bekanntlich streiten und was der einen Vegetarierin pervers erscheint, ist für den anderen eine willkommene Rückkehr in scheinbar heimatliche Essgefilde. Doch seien testwilligen KöchInnen zum Einstieg neben Naturtofu schlicht gewürzte Variationen ans Herz gelegt, um die Vielfalt dieses Produktes zu entdecken – und zu genießen.

In Reformhäusern und Bioläden, Infos im Internet unter: www.TofuNagel.com

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