: Zirkus mit behinderten Kids
Der Kinderverein Cabuwazi eröffnet einen fünften Standort in Rüdersdorf am Rande Berlins. In einer Neubausiedlung will der „chaotisch bunte Wanderzirkus“ gemeinsam mit der Theatergruppe eines Behindertenvereins Programm machen
Ein richtiger Zirkus mit Jongleuren, Stelzenläufern und Clowns, ein buntes Zirkuszelt und all das mitten in der Neubausiedlung von Rüdersdorf bei Berlin – dieser Traum von Christina Reitmayer wird nun wahr. Aus der Theatergruppe des Behindertenvereins Villa Bunter Hund wird ein Standbein des Berliner Kinderzirkus Cabuwazi.
„Wir werden das Körpertheater unserer behinderten Kinder gut mit Zirkuselementen verbinden können“, freut sich Reitmayer als Projektleiterin der Villa Bunter Hund auf die Zusammenarbeit. Zu den 5. Rüdersdorfer Theatertagen vom 29. Juni bis 2. Juli soll das Zelt nach ihren ehrgeizigen Plänen stehen.
Vor zwei Jahren hatte sich Reitmayer den Berliner Zirkus mit seinen bisher vier Standorten in Kreuzberg, Altglienicke, Marzahn und Treptow angesehen und war fasziniert von seiner Professionalität. „Die behinderten Kinder werden Cabuwazi mit ihrer mutigen und hemmungslosen Art gut ergänzen“, sagt sie. Die Rüdersdorfer Bürger hat die Theatergruppe bereits überzeugt. Nach anfänglichen Berührungsängsten haben sie gelernt, mit den Kindern umzugehen.
Der im Sommer 1993 entstandene Zirkus Cabuwazi (chaotisch bunter Wanderzirkus) übernimmt nun die Rolle des Geburtshelfers. Die Berliner freuen sich auf den „neuen Farbfleck im bunten Haufen“, sagt der Vorsitzende des Zirkusvereins, Karl Köckenberger. Der Zirkus versteht sich als sozialpädagogisches Projekt, um Kinder in Berlin von der Straße zu holen. Deshalb siedelte er sich in Kreuzberg und Treptow an.
Die Kinder zwischen zehn und siebzehn Jahren sollten ihre Sehnsucht nach Abenteuer im Zirkus ausleben können. Das Konzept ist aufgegangen: Rund 600 Kinder kommen ein- bis zweimal die Woche zum Training oder Zuschauen in die bisher vier Zelte. Frühere Artisten zeigen den Jugendlichen, wie man auf einem Drahtseil balanciert, am Trapez schwingt oder Einrad fährt. Das Wichtigste ist aber der Spaß und nicht das Geschick. „Bei uns kommen alle auf die Bühne“, betont Harald Lindner vom Springling-Zirkus in Marzahn. Springling ist 1997 zu Cabuwazi gestoßen. „Wir fühlen uns rundum versorgt, haben ein eigenes Zirkuszelt und vertreten die Standorte gemeinsam nach außen“, fasst Lindner die Vorzüge der Kooperation zusammen.
Die Kinder sind begeistert von dem bunten Zirkuszelt inmitten der tristen Plattenbauten von Marzahn. „Hier ist wenigstens was los“, schwärmt die fünfzehnjährige Saskia, die seit einem Jahr auf dem Kunstrad fährt. Professionelle Artisten trainieren die Jugendlichen. Einer von ihnen ist Bernhard Weisheit, dessen Familie nach dem Krieg mit Hochseilakrobatik berühmt wurde. Der 46-Jährige war selbst zwanzig Jahre beim DDR-Staatszirkus. Nun gibt er seine Erfahrungen weiter. ANJA STENZE/dpa
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