Chicks From Hell

Girls, Gangs, Gewalt: Das Metropolis zeigt eine Reihe mit feministischen Exploitation-Filmen  ■ Von Bev Zalcock

Einst haben sie die weibliche Fantasie mit Bildern von supercoolen Mädels aus der Hölle in die Gänge gebracht. Und jetzt kommen sie sogar auf eine Leinwand in deiner Nähe: Die Girl-Gang-Klassiker des S/Exploitation-Kinos der 60er und 70er Jahre! Obwohl diese Filme eigentlich für ein männliches Publikum produziert wurden, können sie auch einen enormen Reiz auf Frauen ausüben, die ihre Heroinen größer als im wahren Leben sehen wollen. Nehmen wir doch einmal die coolen und total durchgedrehten Mädels aus Faster Pussycat! Kill! Kill! (Russ Meyer, 1966), die anschaffen gehen, auf Motorrädern Stoff geben und absolut keinen Bock haben, sich die ganze Männerscheiße reinzuziehen. In dem Film geht es um ein von der Sexploitation-Queen Tura Satana angeführtes, hochgefährliches Girl-Trio. Nachts arbeiten die Mädchen als Gogo-Girls, tagsüber rasen sie mit ihren Motorrädern durch die Gegend und bedrohen Männer auf eine Art und Weise, die ihnen gleichermaßen Lust und Angst zu bereiten scheint. Bis ins nahezu Parodistische fetischiert, trägt diese klassische Girl-Gang enge Tops mit weiten Ausschnitten, körperbetonte Hosen, langes glattes Haar und „shiny, shiny, shiny boots of leather“, um mit den Velvet Underground zu sprechen. Wie „The Men-eaters', die weibliche Motorradgang in She-Devils on Wheels (Hershell Gordon Lewis, 1968), verleugnen diese Frauen das männliche Gesetz und die pat-riarchalische Ordnung: „We don't owe nobody/And we don't make deals; We're swinging chicks on motors/We're men eaters on wheels!“

Böse Mädchen sind seit den 50er Jahren ein beständiges Element des Exploitation-Kinos gewesen. Diese Art von Kino setzte sich vor allem mit jugendlicher Delinquenz auseinander, hauptsächlich mit Jugendlichen, die sich mehr als erlaubt für Sex, Drogen oder Rock'n'Roll interessierten. Die Bilder hochsexualisierter Frauen, die den Zuschauern diese Filme anboten, ließen während der 60er Jahre das Teenie-Publikum, vor allem aber die Jungs, in Scharen in die Autokinos strömen.

1970 gründete Roger Corman seine Produktiongesellschaft New World Pictures, die den Exploitationmarkt mit einer neuen Welle von härteren und freizügigeren B-Filmen aufmischte, die wie gemacht für die populären Double-Features dieser Zeit waren.

Zwei Regisseure verdienen es ganz besonders, in diesem Kontext hervorgehoben zu werden: Jack Hill und Stephanie Rothman. Beide haben für New World Girl-Gang-Filme gedreht. Hill, dessen ×uvre eine Reihe von Blaxploitation-Filmen mit dem Star Pam Grier umfasst (mit Foxy Brown und Coffy als unbestrittenen Höhepunkten), revitalisierte mit zwei unter extrem billigen Bedingungen auf den Phillipinen gedrehten Titeln das vor sich hin kränkelnde Frauengefängnis-Subgenre: The Big Dollhouse (1971) und The Big Bird Cage. Seine Neigung, das subversive Potential des Exploitation-Kinos auszukosten, wird in Switchblade Sisters (1976) vielleicht am deutlichsten, in dem die sonst eher beiläufige Integration radikaler Elemente – sexuelle Befreiung, lesbisches Begehren, Sisterhood, schwarze Solidarität und revolutionäre Aktion – zum prägenden Element wird.

Stephanie Rothmans Filme enthalten ebenfalls Bilder der damaligen politischen und sozialen Revolten. Student Nurses (1970) dreht sich um Themen wie halluzinogene Drogen, freie Liebe, den Vietnam-Krieg und den Rassismus der amerikanischen Polizei. Rothman war außerdem bemerkenswerterweise die einzige Exploitation-Regisseurin, der es gegen alle Widrigkeiten gelang, die von Corman geforderte Formel aus Sex, Gewalt und nackten Körpern mittels einer feministischen Agenda aufzubrechen. Ihr Terminal Island (1973) zeigt den Kampf für eine gesellschaftliche Utopie, die auf den feministischen Grundsätzen sexueller Gleichheit und sozialer Kooperation basiert.

Ebenfalls bei New World entstand Jonathan Demmes Caged Heat (1974), in dem Juanita Brown die zu Unrecht verurteilte Gangleaderin und Barbara Steele die korrupte Gefängnisaufseherin spielt. Angepriesen wurde der Film mit der Unterzeile: „Rape, riot & revenge! White hot desires melting cold prison steel!!“ Und tatsächlich gelingt es Caged Heat wie den Frauenknast-Filmen von Hill und Rothman, einem grundsätzlich sexistischen Genre eine progressive Note zu verleihen. Michael Weldon schreibt so in The Psychotronic Encyclopedia of Film: „Zuschauer, die einen weiteren Frauenknast-Film mit geringer Halbwertzeit für die Double-Features der Autokinos erwarteten, waren ziemlich überrascht, eine Mischung aus feminis-tischer Politik und den üblichen, unter die Haut gehenden Schocktaktiken samt Prollhumor zu sehen.“

Die für das Exploitation-Genre typische Darstellung von Frauen als transgressiv und gefährlich, wild und schamlos ist dabei durchaus auch ein Element, das ein weibliches Publikum genießen kann. Ganz egal, ob sie sich hinter Gittern befinden, wie die Verrückten auf ihren Motorrädern Gas geben oder nur nur rumhängen – Mädchen-Gangs gehören zu den stärksten Bildern des Widerstands und der Rebellion. Oder, wie es im Vorspann von Faster Pussycat heißt: „Schauen wir uns doch einmal diese gefährliche und bösartige Kreatur an, die sich unter der zarten Haut der Frau verbirgt. Die Oberfläche glänzt wie Seide. Aber Vorsicht: Diese habgierige Brut geht alleine und in Banden auf Beutezug.“

(Übersetzung: Tobias Nagl)

Bev Zalcock lebt und arbeitet in London. Sie ist Autorin des Buchs Renegade Sisters – Girl Gangs On Film, das sie am 27. Mai um 19 Uhr im Metropolis präsentieren wird. Im Anschluss spricht die Kölner Publizistin und Feminale-Organisatorin Verena Mund.

Office Killer: heute, 20 Uhr (Livemusik: field); Rote Sonne: Fr., 19.5., 19 Uhr; Faster, Pussycat! Kill! Kill!: Fr. 19.5., 21.15 Uhr+Sa, 20.5., 19.15 Uhr; The Big Dollhouse: Sa, 20.5., 21.15 Uhr; Biester: So, 21.5., 19 Uhr; Willow Springs: Mo, 22. 5., 17 Uhr; Fun: Mo, 22.5., 21.15 Uhr + Fr, 26.5., 19 Uhr; Caged Heat: Di, 23.5., 19 Uhr + Mo, 29.5., 21.15 Uhr; Butterfly Kiss: Di, 23.5., 21 Uhr; Mi Vida Loca: Mi, 24.5., 21.15 Uhr + Fr, 2.6., 19 Uhr; The Student Nurses: Do, 25.5., 21.15 Uhr; Des Satans heiße Katzen: 26.5., 23 Uhr; Switchblade Sisters: So, 28.5., 19.15 Uhr + Mi, 31.5., 21.15 Uhr; She-Devils on Wheels: So, 28.5., 21.15 Uhr+Mi, 31.5., 19 Uhr; A Gun for Jennifer: Do, 1.6., 21.15 Uhr; Heavenly Creatures: Sa, 3.6., 19 Uhr; Met-ropolis