: Heimlichtuerei um Gen-Raps
Schon seit April wissen einige deutsche Behörden von dem gentechnisch verunreinigten Raps. Doch die Ministerien hielten ihr Wissen zurück, bis die Medien aus England davon erfuhren. Selbst einige Überwachungsämter waren nicht informiert
von WOLFGANG LÖHR
Deutsche Behörden wissen bereits seit dem 3. April von dem gentechnisch verunreinigten Raps. Nach Recherchen der taz war es das Chemische- und Veterinäruntersuchungsamt in Freiburg, welches die Kontaminierung erstmals aufspürte. Dort war man gestern nicht zu einer näheren Auskunft in der Lage. Bereits Mitte April hatte die verantwortliche Saatgutfirma Advanta Seeds europaweit an den Handel appelliert, den weiteren Verkauf ihres verunreinigten Saatgutes zu stoppen.
Unklar ist, warum die Öffentlichkeit nicht früher von den deutschen Behörden informiert wurde, sondern erst als die britischen Behörden darüber informierten und die deutsche Presse daraufhin bei den hiesigen Ministerien nachhakte. Das ist umso merkwürdiger, als es das Freiburger Amt war, dass die ganze Sache ins Rollen gebracht und auch die Briten informiert hatte. Das Saatgut der niederländischen Firma Advanta, das – wie nun bekannt wurde – mit einer in der EU nicht zugelassenen herbizidresistenten Gentech-Sorte des Life-Science-Konzerns Monsanto kontaminiert ist, wurde auf mehreren tausend Hektar in Großbritannien, Frankreich, Schweden und Deutschland ausgebracht.
Beim Gen-ethischen Netzwerk (GeN) in Berlin stößt die Informationspolitik auf Unverständnis. Die Behörden hätten viel zu lang gewartet, sagt GeN-Mitarbeiter Henning Strodthoff.
„Das vollständige Ergebnis liegt uns erst seit letzten Montag vor“, erklärt dagegen Hans Klöppner, Sprecher des Stuttgarter Umweltministeriums. Es hätte zwar schon früher einen „Anfangsverdacht“ gegeben, als bei Routinekontrollen die Abweichungen festgestellt wurden. Aber man hätte ja erst einmal feststellen müssen, um was für eine Veränderung es sich da gehandelt habe. Ausschließlich Sommerraps sei betroffen gewesen, der über einen schleswig-holsteinischen Großhändler nach Deutschland importiert worden sei.
Zwar widerspricht das Stuttgarter Umweltministerium Meldungen, wonach der Gen-Raps ähnlich der Situation in Großbritannien auch in Deutschland bereits in „nennenswerten Umfang“ angebaut wurde. Ob aber in den anderen Bundesländern auch Gen-Raps aufs Feld gekommen ist und auf welchen Feldern die Pflanzen stehen, darüber liegen keine Erkenntnisse vor.
Die für die Kontrolle zuständigen Landesbehörden haben jedoch zum Teil erst gestern aus der Presse von der gentechnischen Verunreinigung erfahren. „Dies zeigt doch, wie versucht wurde, dass der Vorfall möglichst nicht öffentlich bekannt wird“, kritisiert Strodthoff.
Klar ist: Der gentechnisch verunreinigte Raps darf in Deutschland auf den Feldern stehen bleiben. Diese Entscheidung teilte das baden-württembergische Umweltministerium mit. „Lediglich in drei Proben sind Verunreinigungen von 0,03 Prozent festgestellt worden“, rechtfertigt Klöppner die Entscheidung. „Die Beseitigung des bereits angebauten Rapses wäre nach geltendem Recht völlig unverhältnismäßig.“
Ganz anders reagierte die französische Umweltminsterin Dominique Voynet. Sie forderte nicht nur eine umgehende Untersuchung, wie es zu der Verunreinigung kommen konnte, sondern auch die unverzügliche Vernichtung der in Frankreich auf rund 600 Hektar wachsenden Rapspflanzen.
Die gleiche Forderung wird auch von den deutschen Umweltorganisationen gestellt. „Die Behörden müssen jetzt unverzüglich handeln“, sagt Martin Hofstetter von Greenpeace. GeN-Mitarbeiter Henning Strodthoff ergänzt: „Der Monsanto-Raps ist in der EU nicht für den Anbau zugelassen, folglich darf nach dem Gentechnikgesetz auch keine einzige Pflanze stehen bleiben.“
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