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Eine deutsche Liebe auf Reisen

■ Verleihung des „Irmgard-Heilemann-Preis“ an Joachim Helfer

Erst zwei Romane hat der in Hamburg lebende Schriftsteller Joachim Helfer veröffentlicht. 1994 erschien Du Idiot, die Geschichte einer Jugend in einem traurigen Nest bei Frankfurt. Der Held, Florian König, erlebt seine Kindheit in den Siebziger Jahren, verbringt die gelangweilte Zeit bis zum Abitur in einer befremdlichen Umgebung. Suchend lernt er mit seiner erwachenden Homosexualität umzugehen.

Ein paar Jahre später begegnen wir in Cohn & König erneut dem inzwischen 25-jährigen Florian König, der von der Du-Erzählweise des Idioten zum Ich-Erzähler gewechselt hat. Sein Vater, der ihn bei der Geburt verließ, ist in der Nähe von Los Angeles verstorben. Begleitet von Pierre Cohn, seinem 30 Jahre älteren Geliebten, einem weltläufigen, kunstbeflissenen Cote d'Azur-Bewohner, macht er sich auf die Spurensuche. Eine Entdeckungsreise beginnt, nicht nur in die eigene Vergangenheit, sondern auch in eine Welt der Kunst und Schönheit, die der Kosmopolit Cohn seinem jungen Liebhaber bietet.

Für Cohn & König wird Joachim Helfer nun der „Irmgard-Heilemann-Preis 2000“ verliehen. Der Kritiker Gustav Seibt hält die Laudatio und spricht von einem „beeindruckend arroganten Roman einer Menschwerdung“. Der fast nebenbei die jüngste Geschichte aufrollt. In der fragilen wie intimen Liebesgeschichte eines jungen Deutschen mit einem Juden deutscher Abstammung, der zweimal emigrieren musste: als Kind während der Nazi-Herrschaft und erneut während der Schwulen-Hetze der McCarthy-Ära. Helfer beschreibt sprachlich stark und präzis eine Reise grundverschiedener Menschen und es gelang ihm ein beeindruckender Roman. Volker Peschel

heute, 20 Uhr, Literaturhaus, Schwanenwik 38, Eintritt frei

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