clinton im gugelhof: Ein Szenepräsident in der Szenestadt
Berlin, Berlin, big city, tausend Szenen: Gar nicht so leicht im Moment, in Berlin irgendwo in Ruhe und einfach so sein Beck’s zu trinken und eine Curry mit oder ohne zu essen. Kein Beck’s ohne Szene, ohne Szene keine Curry. Und Promis, wohin man schaut: Modern Talking im Oxymoron, Kate Moss im neuen WMF, Szene-Schlampen und Berlin-Mitte-Boys hier, Glamour-Gören dort.
KOMMENTAR von GERRIT BARTELS
Immer mit dabei auch die Polit-Prominenz. Die trifft sich heute auf einer Konferenz unter dem flotten Titel „Modernes Regieren im 21. Jahrhundert“ und verhandelt moderne Themen wie „Neue Wirtschaft“, „Politik in Zeiten der Globalisierung“ und mehr. Doch die weiß auch, was modernes Regieren sonst noch bedeutet: Nicht nur sich in Szene setzen, Hände schütteln usw. – das ist solides Handwerk. Sondern auch nah dran sein und sich in Szenelokalen treffen – die hohe Schule.
Vorbildlich demonstriert am Vatertag von Szenepräsident Bill Clinton (Fleetwood Mac, Jon Bon Jovi, roter Afghane) und dem Neue-Mitte-Kanzler Gerhard Schröder (Pink Floyd, Rolling Stones, kubanische Zigarren).
Beide speisten nicht am Gendarmenmarkt zu Abend, nicht im Interconti, nein, auch nicht in der Paris-Bar (nur noch geringer Szene-Faktor). Sondern im beliebten Szenebezirk Prenzlauer Berg, im Szene-Restaurant „Gugelhof“ am Kollwitzplatz. Laut Bild „mitten in Berlin, mitten in der Szene“. Wo das Blatt dann auf die 11-jährige Claudia Schmidtke („Geil, den sieht man nicht alle Tage“) und die 30-jährige Heike Zapik („Schon ein Riesen-Ereignis“) traf. Die Nachrichtenagentur ddp dagegen hielt sich an Ulrike Lindner aus Cottbus, der Clinton die Hand drückte, und den 39-jährigen „Gugelhof“-Betreiber Hans Nübel, den sie einfach nur „cool in weißem Hemd und in Jeans am Tresen seines Lokals“ hocken sah. Gut möglich, dass die Szene gar nicht da war. Nicht zuletzt, weil sie sich laut gut informierter Szenekreise an diesem Abend vor einem Umspannwerk in Lichterfelde traf.
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