: Olympiastadion statt Kanzlerlinie
Strieder und Kurth machen Druck auf Diepgen. Verzicht auf Ausbau der U 5 soll Stadionsanierung finanzieren
Im Streit um den Bau der „Kanzlerlinie“ wächst der Druck auf den Regierenden Bürgermeister Eberhard Diepgen (CDU), das umstrittene Projekt zu verschieben. Das Geschütz, das Finanzsenator Peter Kurth (CDU) und Bausenator Peter Strieder (SPD) gegen Diepgen in Stellung bringen, ist die bislang völlige ungeklärte Finanzierung für den Umbau des Olympiastadions. Anders als durch einen Verzicht auf die Verlängerung der U 5 vom Alexanderplatz zum Lehrter Bahnhof sei die Modernisierung der Sportarena nicht zu bezahlen, verkündeten Kurth und Strieder gestern in trauter Eintracht.
Das Problem: Als der Senat vor vier Wochen die Verträge für das Stadionprojekt billigte, hatte sich noch niemand Gedanken gemacht, woher das Geld kommen soll. Weil sich kein Investor fand, der im veranschlagten Umfang private Mittel zuschießen wollte, fehlen in der Investitionsplanung 230 Millionen Mark.
Finanzsenator Kurth lehnt es kategorisch ab, insgesamt mehr Geld für Investitionen bereitzustellen. „Wir brauchen hier den Verzicht auf andere Maßnahmen“, sagte er gestern. Sollten dadurch keine Bauruinen entstehen, ergänzte Bausenator Strieder, dann könnten nur solche Projekte gestoppt werden, die in den kommenden beiden Jahren neu begonnen würden. „So richtig viele gibt’s da nicht“, fügte Strieder hinzu. Sollte der Verzicht auf die „Kanzlerlinie“ nicht durchsetzbar sein, freue er sich auf „interessante Debatten mit den Kollegen“, welche Projekte aus den jeweiligen Senatsressorts gestrichen werden sollten.
Vorsorglich hatte Strieder schon eine Liste vorbereitet, welche Krankenhaus-, Kultur- oder Wissenschaftsprojekte dann wegfallen müssten. Schließlich habe „der ganze Senat gewollt, dass das Olympiastadion saniert wird“, so der Bausenator, „dann kann es nicht sein, dass der Finanz- oder der Bausenator damit allein gelassen wird.“
Unklar ist allerdings nach wie vor, ob der Bund einer Verschiebung des U-Bahn-Baus zustimmt. Bundesverkehrsminister Reinhart Klimmt (SPD) hat bereits angedeutet, dass er sich in die Entscheidungen des Landes nicht einmischen wolle und einen Baustopp für vorstellbar halte. Bei einer endgültigen Entscheidung hätte aber auch Bundesfinanzminister Hans Eichel (SPD) ein Wörtchen mitzureden.
Rückenwind verspürt Strieder auch durch die Entscheidung von Bahn-Chef Hartmut Mehdorn, das Bauvorhaben Lehrter Bahnhof abzuspecken. Wenn der Zentralbahnhof schon im Bahnkonzept nicht mehr den ursprünglichen Stellenwert habe, so der Bausenator, dann könne auch die Anbindung an den Nahverkehr sparsamer ausfallen.
Die entscheidende Frage ist jetzt nur noch, wie der Regierende Bürgermeister, der einen Verzicht auf die U-Bahn bislang kategorisch ablehnt, von dieser Position wieder herunterkommt. „Dass der Regierende Bürgermeister an der U 5 festhält, ist Ihnen ja bekannt“, sagte Senatssprecher Michael-Andreas Butz dazu gestern nur. Heute will sich Diepgen vor Ort ein Bild machen und den bereits fertig gestellten Tunnelstollen vor dem Reichstag besichtigen. Wer weiß, vielleicht überzeugt sich das Stadtoberhaupt doch noch davon, dass das unterirdische Bauwerk auch für die Champignonzucht geeignet ist. RALPH BOLLMANN
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