Verschlimmbesserung für Referendare?

■ Rechtsreferendare prognostizieren eine Verschlechterung der Ausbildung / Gestern fand eine Personalversammlung statt

Die Bremer Rechtsreferendare gehen auf die Barrikaden. „Die Ausbildungsbedingungen in Bremen werden zunehmend schlechter“, steht über einem Beschlusspapier, das der Ausbildungspersonalrat (APR) gestern den versammelten Referendaren zur Abstimmung präsentierte. Erstmals in Bremen überhaupt sei eine Personalversammlung der angehenden Juristen einberufen worden, sagen die Vertreter des APR. Von 207 Jura-Azubis kamen immerhin 50 zu dem außergewöhnlichen Treffen.

Nicht nur die Juristen-Ausbildung an der Bremer Universität soll grundlegend umgekrempelt werden, warnt der Ausbildungspersonalrat. Auch im Referendariat stehen in Bremen grundlegende Veränderungen an. So sollen die Referendare ab Herbst statt knapp 1.900 Mark nur noch 1.630 Mark bekommen. Der Einführungskurs soll von zwei auf mindestens drei Wochen verlängert werden – woher das Personal dafür kommt, sei aber noch offen. Zudem solle bald am Ende des Referendariats ein Monat weniger zur Vorbereitung des 2. Juristischen Staatsexamens zur Verfügung stehen. Maßnahmen zur Verbesserung der Ausbildungssituation seien im Gegenzug nicht geplant, wird bemängelt.

Die Bremer Justizbehörde unter Senator Henning Scherf (SPD) doktort an der Bremer Juristen-Ausbildung herum, seitdem ein Vergleich mit Hamburger und schleswig-holsteinischen Prüflingen ergab, dass mehr als doppelt so viele Bremer durch das 2. Staatsexamen rasseln wie in den Vergleichsländern. Eine Änderung des Juristen-Ausbildungs-Prüfungsgesetzes (JAPG) wird derzeit in der Bremischen Bürgerschaft diskutiert. Senator Scherf nimmt dies zum Anlass, alte Errungenschaften an der Rechtswissenschaftlichen Fakultät wie das Schwerpunktstudium aus Zeiten der roten Kaderschmiede zu beerdigen.

Doch an dem schlechteren Abschneiden im 2. Staatsexamen sind auch die unzureichenden Bedingungen während des Referendariats schuld, bemängelte eine APR-Vertreterin bereits vor einem Jahr. An der Situation habe sich bislang nichts grundlegend geändert, sagte gestern Tanja Soleck vom APR: So gibt es in Bremen immer noch keine Ausbildungsrichter – „obwohl das unseren Vorgängern angeblich zugesagt wurde“. Und APR Detlev Sonnleitner ergänzt: „Jeder Handwerksbetrieb weiß, dass die Ausbildung nur läuft, wenn ein Mitarbeiter für die Azubis freigestellt wird. Dass das bei Bremer Juristen nicht passiert, ist ein Unding.“

Die Folge: Referendare in Bremen fühlen sich schlecht betreut, klagen über konzeptlose Ausbilder und zu wenig Vorbereitungskurse auf das Examen. Schuld seien nicht die Richter, die derzeit noch freiwillig neben der normalen Arbeit als Ausbilder Kurse anbieten. Vielmehr gebe es in Bremen keine Möglichkeit, Richter als Ausbilder zwangszuverpflichten.

„Wenn wir schon mit den Hamburgern und Schleswig-Holsteinern verglichen werden, dann fordern wir eine vergleichbare Ausbildung“, sagt Soleck: mehr Kurse, engagiertere und auf dem Stand der Zeit informierte Ausbilder und ausreichend Vorbereitungszeit für das Examen.

Der gestern mit großer Mehrheit von der Personalversammlung verabschiedete Forderungskatalog soll jetzt an das Justizressort weitergeleitet werden. Derweil haben die Referendariats-Vertreter den Verdacht, dass sich die schlechten Ausbildungsbedingungen bundesweit herumgesprochen haben: So sei die Zugangsnote drastisch gesenkt worden. Dennoch habe man dieses Jahr nur 24 statt möglichen 25 Neu-Referendaren eingestellt. „Das sind Hinweise darauf, dass weniger Leute nach Bremen wollen als früher“, sagt Ausbildungspersonalrätin Silvia Pestke. cd