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Das Studium für den virtuellen Markt

Die Hochschule der Künste Berlin bietet ab Oktober den in Deutschland bisher einmaligen Studiengang „Electronic Business“ an. Die Wirtschaft sponsert die marktorientierte Lehre. Schon jetzt gibt es acht Bewerber pro Studienplatz

An der Hochschule der Künste Berlin (HdK) beginnt in den nächsten Monaten ein hartes Auswahlverfahren. Am Ende werden im Oktober etwa 50 Studenten einen Studiengang antreten, der bisher an deutschen Hochschulen einmalig ist: Die Ausbildung zum „Diplom-Designer Electronic Business“. Ziel des exklusiven Studiums ist es, Fachkräfte für die rasch wachsende Branche des Online-Handels auszubilden. Der Studiengang mit dem Titel „Electronic Business“ soll eine neue Art von Manager hervorbringen, der auf die Organisation von Geschäftsabläufen im Internet spezialisiert ist und gleichzeitig kreatives und gestalterisches Potenzial aufweist. „Die Absolventen sollen dafür sorgen, dass Einkaufen im Internet auch Spaß macht“, sagt Carsten Busch, Koordinator für die Einrichtung des Studienganges an der HdK.

Obwohl das offizielle Bewerbungsverfahren noch nicht einmal begonnen hat, liegen Busch schon jetzt über 400 Anfragen vor. Wissenschaftssenator Christoph Stölzl muss die Einrichtung des Studienganges noch genehmigen. „Wir gehen davon aus, dass das Auswahlverfahren im August beginnen wird“, so Busch. Für eine erfolgreiche Bewerbung ist ein Vordiplom in Fächern wie Betriebswirtschaftslehre, Informatik, Mediengestaltung oder Gesellschafts- und Wirtschaftskommunikation notwendig. Außerdem müssen die Anwärter eine Art „elektronische Mappe“ einreichen, aus der die Hochschule auf die Begabung für den Studiengang schließen will.

Der Wunschbewerber soll Schnittstellenkompetenz aus den Bereichen Design, Wirtschaftswissenschaften und Informatik mitbringen. Im Zentrum des Studiengangs steht die Frage nach den neuesten Entwicklungen in der Internet-Branche, die für einen erfolgreichen elektronischen Handel berücksichtigt werden müssen. Als wissenschaftlichen Berater konnte die HdK Joseph Weitzenbaum gewinnen. Der emeritierter Professor am Massachusetts Institute of Technology ist einer der angesehensten Computerexperten.

Die Bedeutung des E-Commerce wächst rapide: Der Handel im Internet ermöglicht einen schnellen Überblick über Angebote und Preise. Bei ihrer Kaufentscheidung nutzen deshalb immer mehr Kunden das Netz zur Information. In den USA gehen schon heute zwei von drei Käufern in der Automobilbranche vor dem Kauf online, berichtet Gabriele Lemmle, Mitarbeiterin der BMW AG München. Die gleiche Entwicklung wird für Europa mit anderthalbjähriger Verspätung erwartet. Eine ADAC-Studie beziffert den Internet-Umsatz beim Fahrzeughandel in Deutschland schon jetzt auf 72 Millionen Mark monatlich.

Doch nach einer Ausbildung für den zukunftsträchtigen Bereich, der die Bereiche Wirtschaft, Design und Informatik zusammenbringt, suchte man bisher vergebens. „Es gibt eine starke Nachfrage seitens der Wirtschaft“, sagt Koordinator Busch. Viele Studenten aus verwandten Studiengängen wie Mediendesign würden „noch vor dem Diplom von den Unternehmen rausgekauft“.

Initiiert wurde der Studiengang von der HdK und dem Berliner Institute of Electronic Business (IEB). Das im März 1999 von Unternehmen gegründete und privat finanzierte Institut will Kräfte für die erfolgreiche Eroberung der globalen elektronischen Märkte bündeln. Außerdem sollen dem Standort Berlin Vorteile im internationalen Wettbewerb verschafft werden. Dazu zählt neben Forschungsprojekten auch, die Ausbildung von qualifiziertem Nachwuchs für die Online-Branche zu gewährleisten. Im Rahmen einer Public Private Partnership ist das IEB seit April An-Institut der Hochschule der Künste. Zwei Stiftungsprofessuren für Marketing und elektronische Kommunikationsgestaltung sollen die Qualität der Ausbildung sichern. Gut ein Dutzend Unternehmen fördert die Institution über einen Zeitraum von fünf Jahren mit rund 600.000 Mark jährlich. Studiengebühren für Electronic Business gibt es keine.

Als zweite Stufe der Ausbildung ist ein Aufbaustudiengangs mit dem international anerkannten Abschluss „Master of Business Administration“ (MBA) vorgesehen. Qualifiziert dafür ist, wer ein Diplom und mindestens drei Jahre Berufserfahrung vorweisen kann. Das IEB verhandelt bereits mit der Universität St. Gallen, der London School of Business und dem Massachusetts Institute of Technology über die Umsetzung des international ausgerichteten Studiengangs. Das MBA-Studium soll im Wintersemester 2003/2004 beginnen. ANDREAS SPANNBAUER

Mehr Infos unter www.hdk-berlin.de und www.ieb.net

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