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Demontage im großen Stil

Nachhaltig und günstig: Experten arbeiten an der Entwicklung eines bundesweiten Netzes von Demontagefabriken. DaimlerChrysler bereitet in Marienfelde alte Motoren wieder auf und spart dabei über 30 Prozent der Neubaukosten

von MARTIN KALUZA

Wie oft haben wir nicht schon zögernd auf dem Wertstoffhof gestanden und diesen Stich gespürt. Der Kühlschrank kühlt nicht mehr, aber die Lampe und der Eierhalter sind noch gut. Beim Fernseher ist zwar das Bild weg, aber der Ton ist noch Ia. Müssen Gegenstände, die nicht mehr für vernünftiges Geld zu reparieren sind, unbedingt auf die Müllkippe, auch wenn sie an vielen Stellen noch intakte, wertvolle Teile haben? Noch unsere Großeltern haben, wenn denn überhaupt einmal etwas weggeworfen werden musste, aus alten Geräten noch schnell die Schrauben entfernt, Schalter ausgebaut und Stecker abgeschraubt: vorgelebte Kreislaufwirtschaft.

An der TU arbeitet der Sonderforschungsbereich 281 daran, wie man das künftig im industriellen Maßstab aufziehen könnte. Wenn es nach den rund vierzig Forschern und Studenten geht, wird es in Deutschland eines Tages ein Netz von Demontagefabriken geben. Dort werden alte Waschmaschinen, Autos, Mikrowellen, Fernseher und Computer in ihre Einzelteile zerlegt und die noch brauchbaren Komponenten zum Wiedereinbau in die nächste Fabrik geschickt oder zuvor noch aufbereitet. Heutzutage landet das meiste noch einfach im Shredder.

„Im Großen und Ganzen ist dabei noch viel Zukunftsmusik“, räumt Alexander Stenzel, der Geschäftsführer des Forschungsbereichs, ein. Eine Hand voll Demontageanlagen existieren gerade einmal als Prototypen. Zum einen liegt das daran, dass der Gesetzgeber bislang keine konsequente Wiederverwendung fordert. Doch immerhin, so Stenzel, wolle die EU die Rücknahme aller Geräte zur Pflicht machen, die eine Batterie enthalten: „Das ist noch nicht spruchreif, aber wir erwarten in Zukunft mehr Druck auf die Hersteller.“

Zum anderen lässt sich die Demontage von „brauner Ware“ und „weißer Ware“ (Dinge wie Fernseher, Kühlschränke oder Waschmaschinen) längst nicht so einfach automatisieren wie ihre Herstellung. Auf dem Schrott kommen Dutzende verschiedener Gerätetypen an, in unterschiedlich gutem Zustand. Ganz ohne Handarbeit, so Stenzel, werde man in der Demontage nie auskommen.

Um allein mit der Vielzahl von zum Teil abgenutzten und festgegammelten Schrauben fertig zu werden, hat das Teilprojekt, das Stenzel leitet, ein Spezialwerkzeug entwickelt, das – wenn alles klappt – noch in diesem Jahr in Serie gehen soll. Der Kopf des Werkzeugs rammt zunächst eine Kerbe in die Schraube und versetzt ihr dann den entscheidenden Ruck, um sie loszulösen. Zunächst als Handgerät konzipiert, wird das Werkzeug nun gerade versuchsweise an einen Roboter angeflanscht.

In anderen Teilprojekte wird darüber nachgegrübelt, wie man Demontagefabriken rein äußerlich so ansehnlich gestalten könnte, dass sie nicht die rumpelige Finsternis von Schrottplätzen ausstrahlen, wie man logistisch ein Netzwerk solcher Anlagen über Deutschland verteilt oder wie Produkte schon bei der Herstellung so geplant werden können, dass sie nach der Benutzung leicht zerlegbar sind.

Eine Herausforderung, die hinter allen Teilprojekten steht, ist die Kostenfrage. Für Ingenieure ist es ein Mehraufwand, einen Fernseher so zu planen, dass man ihn irgendwann einmal besser auseinander nehmen kann. Und allein die Logistikkosten, so die TU-Experten, machten in der Entsorgung einen Anteil von 30 bis 70 Prozent aus.

Das sieht erst mal so aus, als würde sich Demontage wirtschaftlich nicht lohnen. Doch das lässt Stenzel so nicht stehen. DaimlerChrysler zum Beispiel bereite in Marienfelde alte Motoren wieder auf, die dann als Austauschmotoren verkauft werden: „Das ist 30 bis 40 Prozent günstiger, als einen Neumotor herzustellen, und bei der Qualität gibt es keinen Unterschied.“ Und die Kopiererfirma Rank Xerox baue in die Geräte der „Green Line“-Reihe bereits bis zu 70 Prozent Altteile ein.

Allerdings sind der Wiederverwendung von Bauteilen auch gesetzliche Grenzen gesetzt. So dürfen derzeit in neue Produkte gar keine Altteile eingebaut werden. Doch auch ohne diese Möglichkeit sehen die TU-Forscher Chancen für die Kreislaufwirtschaft. „Wir haben uns überlegt, dass bestimmte Nutzenkonzepte die Demontage fördern können“, erklärt Stenzel. Die Idee ist, dass Hersteller nicht mehr in erster Linie ein Gerät verkaufen, sondern den Nutzen, den das Gerät bringt. Bei Fotokopierern wird das zum Teil schon praktiziert – statt der Geräte verkaufen die Hersteller Fotokopien und müssen selbst dafür sorgen, dass immer ein funktionierender Kopierer beim Kunden steht. Der Hersteller hat somit Interesse anlanglebigen Gütern, kostengünstiger Demontage und Wiederverwertung.

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