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„Das ist kein realer Ausstieg“

■ Kanzlerkonsens und grüne Kompromisse: GAL-Umweltsenator Alexander Porschke im Interview über leere Hände, Dollpunkte und den realen Einstieg

taz: Der Atomausstieg findet, dem Bundeskanzler sei Dank, auch in Hamburg nicht statt. Knirscht der grüne Umweltsenator Alexander Porschke jetzt mit den Zähnen?

Alexander Porschke: Der Berliner Konsens ist notwendigerweise ein Kompromiss, aber Kompromisse müssen Grenzen haben. Für mich ist diese Grenze überschritten. Da muss noch was draufkommen, damit das akzeptabel ist.

Zum Beispiel klare Termine für die Stilllegung des ersten AKWs im Norden und auch des letzten?

Das letzte AKW ist nicht der Dollpunkt. Die Vereinbarung mit der 32-Jahre-Laufzeit soll ja eine Wirkung entfalten bis nach 2020. Was bis dahin passiert, weiß sowieso kein Mensch. Aber auf dem Tisch liegt keine Ausstiegsvereinbarung, sondern die Option auf einen Ausstieg. Erst mit der ersten Abschaltung wird der Ausstieg wirklich begonnen. Deshalb muss es zur realen Stilllegung in dieser Legislaturperiode kommen, sonst besteht die Gefahr, dass wir am Ende mit leeren Händen dastehen.

Die Stilllegung des Reaktors Stade bis Ende 2002 war in den Entwürfen vorgesehen, wurde aber im entscheidenden Spitzengespräch Mittwoch Nacht gestrichen. Da haben Sie schon Ihre leeren Hände.

Nicht ganz, die Möglichkeit, Stade vorzeitig abzuschalten, besteht weiterhin. Und es gibt dafür gute Gründe...

Betriebswirtschaftliche, keine politischen.

Aus Sicht des Betreibers ja, aus unserer Sicht Umweltschutz- und Sicherheitsgründe. Es ist aber zur Zeit nicht erkennbar, dass es dazu kommmen wird.

Im Hamburger Koalitionsvertrag ist die Zielvorgabe erster Abschaltungen „in 2002/2003“ fixiert. Davon können Sie jetzt nur noch träumen.

Wenn alle Reaktoren die festgelegten Reststrommengen ausschöpften, würden wir über das Jahr 2003 hinauskommen, ja. Bei diesem Kompromiss steht auf der Habenseite eindeutig zu wenig.

Also ein fauler Kompromiss?

Ich würde ihn nicht faul nennen, und ohne massiven Einsatz der Grünen wäre es nicht einmal dazu gekommen. Dennoch ist das Ergebnis unzureichend. Das entscheidende Datum für den Schwur ist aber erst die Beschlussfassung im Bundestag über das zu formulierende Atomgesetz. Ich finde, die grüne Fraktion sollte nur zustimmen, wenn bis dahin sicher ist, dass Abschaltungen in dieser Legislaturperiode erfolgen werden.

Denken Sie, dass der grüne Bundesparteitag am Wochenende der Fraktion dies empfehlen wird?

Ich werde mich dafür einsetzen, dass Grüne die Grenze ihrer Kompromissbereitschaft definieren.

Antje Radcke, Ihnen wohlbekannte GALierin und noch grüne Bundesparteichefin, hat dies bereits getan: Sie lehnt diesen Konsens aus Gründen politischer Glaubwürdigkeit ab, verbindet ihre Kandidatur zur Bundesvorsitzenden mit dem Beschluss des kommenden Parteitages und beharrt auf der 30-Jahre-Frist.

Für mich ist nicht ausschlaggebend, ob 30 oder 32 Jahre. Ich beharre auf dem kurzfristigen realen Einstieg in den Ausstieg.

Interview: Sven-Michael Veit

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