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Kleine Leute müssen schwitzen

Generelles Hitzefrei für die Hamburger GrundschülerInnen gibt es nicht mehr: Betreuungspflicht herrscht bis 13 Uhr  ■ Von Kaija Kutter

Die Jüngsten haben kein Recht mehr auf Hitzefrei: So machte die sommerliche Hitze zwei Schülern einer Rahlstedter Grundschule am Dienstag zu schaffen. Es ging ihnen nicht gut, sie wollten sich hinlegen. Gab es früher ab 27 Grad im Schatten für die Schüler Hitzefrei, steht heute die verlässliche Halbtagsschule vor einem Problem: Sie kann die Kinder nicht einfach nach Hause schicken. Sie muss sie bis 13 Uhr betreuen, auch bei Rekordtemperaturen von 34,5 Grad Celsius. Die Kids müssen durchschwitzen.

In Rahlstedt wandte sich die Klassenlehrerin an die mehrere hundert Meter entfernt gelegene Kita Scharbeutzer Straße, in der die Schulkinder um 13 Uhr zum Mittagessen erwartet werden. Die Heimleitung möge doch bitte eine Erzieherin schicken, die die Kinder vorzeitig abholt: Denn im Garten der Kita waren immerhin Wasserspritze und Planschbecken zur Abkühlung aufgebaut. „Kann ich nicht“, konterte Heimleiterin Annette Krogh. Personal für die vormittägliche Betreuung von Schulkindern wurde dort im Rahmen der Einführung der verlässlichen Halbtagsschule vor zwei Jahren gestrichen. Die Leiterin machte sich daraufhin persönlich auf den Weg, um die Schützlinge abzuholen.

„So etwas schönes wie ein Planschbecken haben wir hier zwar nicht“, sagt die Schulsekretärin der Grundschule Forsmannstraße in Barmbek. Wohl aber hätten die Lehrer die Zeit bis 13 Uhr mit Spiel und Sport überbrückt. Da es auch hier vielen Schülern zu heiß war, standen sie vor dem Schultelefon Schlange, um ihre Eltern anzurufen. Kinder, die ihre Eltern zu Hause erreichten, durften ab 12 Uhr heim gehen.

Derartige Regelungen gibt es an anderen Schulen nicht. „Ich kann doch nicht die Eltern von 300 Schülern benachrichtigen“, heißt es zum Beispiel an der Schule Alt Rahlstedt. Die LehrerInnen hätten die Zeit bis 13 Uhr mit ihren SchülerInnen im schattigen Park verbracht.

Seit Einführung der verlässlichen Halbtagsschule in Hamburg vor zwei Jahren gibt es für Grundschüler „generell kein Hitzefrei“, erfährt man in der Pressestelle der Schulbehörde. Allerdings müssen die Kinder nicht in der Klasse bleiben. Und über Ausnahmen können die Schulleitungen entscheiden. Besser haben es da die Schüler ab Klasse fünf. Für sie gab es auch gestern wieder Hitzefrei ab 11 Uhr 30. Schüler ab Klasse 10 hingegen müssen auf den Schulbänken sitzen bleiben. Sie sind angeblich alt genug, um die Hitze zu vertragen. Und die Jüngsten sind es nach Behördenansicht offenbar auch.

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