Nur gut ein Prozent zahlt

Zwangsarbeiter-Entschädigung: Nur 104 von 7.500 Berliner Unternehmen traten bisher bei. Das ist Bundesschnitt. Viele Nachkriegsgründungen dabei. Höchstbetrag: eine zweistellige Millionensumme

von PHILIPP GESSLER

Auch nach der Einigung vom Pfingstmontag über die umstrittene „Rechtssicherheit“ für die deutsche Industrie sind lediglich 1,39 Prozent der Berliner Unternehmen der Stiftungsinitiative der Wirtschaft zur Entschädigung der NS-Zwangsarbeiter beigetreten.

Obwohl die Initiative nunmehr alle 7.500 Betriebe der Hauptstadt aufgefordert hat, für die Entschädigung der nach Deutschland verschleppten und ausgebeuteten Ausländer Geld zur Verfügung zu stellen, sind dieser Mahnung bis gestern nachmittag lediglich 104 Unternehmen gefolgt.

So niedrig diese Quote ist, Berlin liegt damit knapp über dem Bundesdurchschnitt von 1,33 Prozent, wie die taz von der Stiftungsinitiative erfuhr. Anfang Juni hatte der Senat alle Unternehmen der Stadt aufgefordert, der Sammelaktion der deutschen Wirtschaft beizutreten – unabhängig davon, ob die Betriebe Zwangsarbeiter beschäftigt hatten oder nicht. Viele Unternehmen begründeten ihren Nichtbeitritt bisher damit, dass sie auch eine Zahlung nicht vor weiteren Klagen schütze. Sie verlangten als „Rechtssicherheit“ von der US-Regierung eine offizielle Stellungnahme, die eine Klage de facto ausschließt.

Wie Michael Herms von der Stiftungsinitiative erläuterte, sind in der Regel die Hälfte der zahlenden Unternehmen Nachkriegsgründungen. In der Hauptstadt liege der Höchstbetrag bei einer zweistelligen Millionenhöhe – aber auch bedeutend kleinere Überweisungen wurden getätigt. Kleinspender waren etwa eine Bäckerei, ein Seniorenheim am Lietzensee und eine Apotheke. Geringe Beträge kamen auch von einer Dachdeckerfirma und einem Audio-Händler.

Zu den bekannteren Zahlern gehören die Bankgesellschaft Berlin, die Berliner Effektenbank, die Berliner Kindl Brauerei, die C. Bechstein Pianofortefabrik, Herlitz, das Hotel Astoria, die Ideal Lebensversicherung, Sat.1, Schering sowie die Werbeagentur Scholz & Friends. Auch die ehemals zu 100 Prozent städtischen Betriebe Gasag und Bewag sind der Initiative beigetreten. Die landeseigenen Unternehmen sollen nach Senatsvorstellung zwei Promille ihres Jahresumsatzes spenden.

Herms zeigte sich enttäuscht darüber, dass es nach der Einigung über die Rechtssicherheit keinen Schub neuer Spender gab. Zuvor hätten viele Firmen vorgegeben, bei entsprechender Sicherheit sofort zu zahlen.