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Information unterm Stelenfeld

Ein „Ort der Information“ ergänzt das Holocaust-Mahnmal, beschloss der Bundestag. Der Ort soll groß und unterirdisch sein, will Minister Naumann

von PHILIPP GESSLER

Dass öffentliche Bauvorhaben in der Hauptstadt erheblich teurer werden als geplant gehört schon beinahe zum Lokalkolorit: Die Kosten für das Internationale Congress Centrum stiegen von 100 Millionen Mark auf eine Milliarde; für den Umbau des Abgeordnetenhauses von 40 auf 182 Millionen, die geplante Gedenkstätte „Topographie des Terrors“ wird über 70 Millionen Mark kosten – vorgesehen waren 45 Millionen.

Auch das geplante Holocaust-Mahnmal südlich des Brandenburger Tores folgt, das zeichnet sich ab, dieser Regel: Statt der ursprünglich anvisierten 15 beziehungsweise 20 Millionen Mark seien mindestens 50 Millionen zu erwarten, sagt Hans-Joachim Otto, der Mitglied des Kuratoriums der Stiftung ist, die die Gedenkstätte bauen soll. Ja, „Schreckensszenarios“, so der FDP-Bundestagsabgeordnete, sprächen gar von Kosten „dicht an 100 Millionen“. Allein das Stelenfeld, Kern der Anlage, werde weit über 20 Millionen Mark kosten.

Alles Panikmache? Das wird sich frühestens morgen erweisen, wenn das Kuratorium eine wichtige Sitzung hat. Mit zwei Modellen wird der US-Architekt des Mahnmals, Peter Eisenman, auftreten. Er wird eine „Machbarkeitsstudie“ vorlegen. Sie soll zeigen, wie man den „Ort der Information“, der das Stelenfeld ergänzen soll, unterirdisch bauen könnte. Bisher habe er nur „lächerliche Skizzen“ vorgelegt, mäkelt man in der Berliner Bauverwaltung.

Klar ist: Kulturstaatsminister Michael Naumann will den „Ort der Information“ unterirdisch. Er hofft, dass schon morgen eine Entscheidung dazu fällt. Naumann hält die unterirdische Lösung, wie er der taz sagte, sogar für billiger – unter anderem, weil man keine zusätzliche Fläche kaufen müsse, keine Fenster und keine Wärmeisolierung nötig seien. Der Bundestag habe mit seinem Beschluss zum Bau des Denkmals keine Aussage über die Kosten getroffen. Und die 20 Millionen, von denen immer geredet würde, seien schlicht von einem Abgeordneten „über den Daumen“ gepeilt gewesen.

Lea Rosh, vom privaten Förderkreis für das Denkmal, ist erheblich skeptischer: Sie sieht überhaupt nicht ein, „warum wir unter die Erde müssen“. Damit die zum Teil meterhohen Betonpfeiler des Stelenfelds auf dem sandigen Boden nicht umfallen, müssten sie in zwei bis drei Meter Tiefe verankert werden. Der „Ort der Information“ läge dann in sieben bis zehn Meter Tiefe. Bei ungefähr 1.000 Quadratmeter Fläche einschließlich Toiletten, Verwaltungs- und Vortragsräumen stiegen die Kosten enorm – und es gebe das Problem mit dem nahe der Oberfläche fließenden Grundwasser. Dazu kommen noch Kosten für ein Stück der Mahnmal-Fläche, die dem Land Berlin gehört, und ein zusätzliches Grundstück für einen Busparkplatz. Immerhin erwartet Naumann pro Jahr eine Million Besucher. Der „Topographie“-Chef, Reinhard Rürup, spricht davon, dass „theoretisch“ die 15 Millionen noch immer Basis aller Berechnungen seien. Kuratoriumsmitglied Andreas Nachama, Vorsitzender der Jüdischen Gemeinde Berlin, sagt über die möglichen 100 Millionen Mark: „Darüber kann man trefflich spekulieren – wir wissen es nicht.“ Die Historiker Rürup und Nachama werden zusammen mit ihrem Stuttgarter Kollegen Eberhard Jaeckel morgen dem Kuratorium ein Konzept vorstellen, was im „Ort der Information“ zu sehen sein soll.

Die Stimmung im Kuratorium ist wegen der vielen offenen Fragen mehr als angespannt. Ein Mitglied mutmaßt, Naumann wolle mit seinem Votum für einen unterirdischen Informationsort angesichts früherer eigener Pläne zum Mahnmal „nichts weiter als Recht behalten“. Geld scheine seinen Kohorten im Kuratorium egal zu sein: „Die sind ja alle verrückt.“ Ein anderes Mitglied meint, in der Kostenfrage seien einige „geradezu besoffen“: Das Schönste und Teuerste sei gerade recht. Naumann hält dagegen: Er sei nicht die „graue Eminenz“, er könne die Entscheidungen mit seiner Stimme nicht „majorisieren“. Ihm gehe mittlerweile „diese Verschwörungstheorie auf den Keks“.

Das Kuratoriumsmitglied Salomon Korn fragt: Was ist den Deutschen eigentlich dieses „nationale Denkmal“ wert? Wenn der Staat an Wehrmachtssoldaten, die Verbrechen gegen die Menschlichkeit begängen hätten, pro Jahr 600 Millionen Mark an Pensionen zahle, warum sollten dann nicht fünf oder zehn Prozent dieser Summe für das Mahnmal übrig sein?

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